Samstag, 1. August 2009

Feuerblumen

Scheinbar aus dem Nichts wachsen Blumen, erblühen und vergehen wieder. Und kaum etwas zeugt davon, dass sie jemals da waren. So ähnlich ist es wohl auch mit Feuerwerk: Aus dem nichts erblühen am nächtlichen Himmel bunte, feurige Blüten, verbleichen allmählich wieder und schon kurz darauf sind sie für alle Ewigkeit verschwunden. Ein sehr poetischer Vergleich, mit dem ich mir selbst versuche zu erklären, warum in Japan das Wort für Feuerwerk mit den Schriftzeichen für Blume und Feuer geschrieben wird. Vielleicht hat vor einigen hundert Jahren wirklich jemand so ähnliche Gedanken gehegt. Ich zumindest finde meine eigene kleine Erklärung plausibel und denke seitdem immer wieder an das Wort Feuerblumen, wenn ich das japanische Wort für Feuerwerk sehe. Und immer wieder muss ich dann auch an die vergänglichen Blüten denken, die nur für einen Moment am Nachthimmel erblühen, nur um kurz darauf wieder zu vergehen.
Vielleicht erinnert sich noch jemand an meinen Beitrag zu Silvester und Neujahr in Japan ("Countdown", "Ein neuer Tag"), in dem ich bereits berichtete, dass es hier zu Neujahr kein Feuerwerk gibt, da der Beginn des neuen Jahres eher mit einem besinnlichen Familienbeisammensein gefeiert wird. Darum verbrachte ich den Beginn des neuen Jahres so ganz ohne Krachen und bunte Lichter, was nicht unbedingt enttäuschend, sondern schlichtweg anders war. Und ebenso auch anders ist der Umgang mit Feuerwerk hier in Japan, denn bei uns denkt wohl jeder an Silvester und Neujahr, wenn man das Wort Feuerwerk hört, während man hier in Japan Feuerwerke mit Sommerfestivals in Verbindung bringt, die hier nach der Regenzeit im Juli und August stattfinden. Natürlich gibt es gelegentlich auch in Deutschland an warmen Sommerabenden kleinere Feuerwerke, mal als Höhepunkt eines Festivals, mal zum Feiern besonderer Anlässe, doch man kann sie nur schwer mit den Massenaufläufen hier im Raum Tokyo vergleichen, die man zu den populären Festen und Veranstaltungen findet. In den warmen Sommernächten findet man fast jeden Tag irgendwo im Raum Tokyo ein großes Feuerwerk. Es gibt sogar ganze Kataloge voller Termine und Daten, aus denen man sich jenes Festival herauspicken kann, das am spektakulärsten, am umworbensten ist oder einfach in der näheren Umgebung, veranstaltet wird.
Irgendwie fiel auch Lee solch eine Broschüre mit Veranstaltungen in die Hände, weshalb sie ein Feuerwerk auswählte, das ihr zusagte, und mich und Milena einlud, um gemeinsam mit ihr in den Stadtteil Asakusa zu reise und das bunte Spektakel am Abend nahe dem Fluss zu betrachten. Und natürlich sagte ich freudig zu, war ich doch gespannt darauf auch hier in Japan einmal ein Feuerwerk zu erleben. Also fuhr ich am späten Nachmittag meines 317. Tages in Japan gemeinsam mit Lee nach Asakusa, wo ich vor nicht allzu langer Zeit meine Freundin Nathalie getroffen hatte ("Das Wiedersehen"), um mich in der warmen Sommernacht zu den anderen Menschen an die Flusspromenade zu stellen und in Ruhe das Feuerwerk zu betrachten.


Bild1: Ein Blick in die Straßen Asakusas, die schon einige Stunden vor dem Festival gut gefüllt waren.


Film1: Ein Blick auf den Ausgang des Bahnhofs von Asakusa. Typisch für die Festivals im Sommer tragen viele Japaner traditionelle Kleidung. Vor allem die Frauen und Mädchen tragen farbenfrohe Sommerkostüme, doch auch einige Männer und Jungen sind traditionell angezogen, wie man insbesondere bei dem jungen Mann gegen Ende des Videos sehen kann.


Film2: Da es bereits dämmerte, verwackelten viele der Fotos, weshalb ich stattdessen das Treiben vor der Bahnstation in kurzen Filmen einfing, während ich mit Lee auf Milena wartete.


Bild2: Als wir schließlich zu dritt an der Flusspromenade ankamen, waren alle Plätze heillos überfüllt. Überall saßen Menschen auf Planen unter den Bäumen und auf den Wegen, ähnlich wie zur Kirschblüte ("Im Namen der Wissenschaft"). Und so standen wir irgendwo am Rande der Promenade mit einer denkbar schlechten Aussicht.


Film3: Nachdem wir die ersten Minuten gar nichts sehen konnten, liefen wir so lange umher, bis wir einen geeigneten Stehplatz fanden. Und endlich konnten wir beginnen das Feuerwerk zu genießen.


Film4: Dachte ich zunächst, dass das Feuerwerk etwa eine Viertelstunde dauern würde, so musste ich doch schon bald einsehen, dass das Knallen, Leuchten und Erblühen einer Feuerblume nach der anderen am Himmel bedeutend mehr Zeit in Anspruch nahm. Insgesamt dauerte das Feuerwerk über eine Stunde an.


Film5: Weitere Eindrücke vom Feuerwerk in Asakusa, leider sind Großteile von einem Baum verdeckt. Ich habe übrigens die Kamera gedreht, die rechte Seite des Videos ist in Realität nun unten.


Film6: Ein kurzes Video von einem coolen Effekt. Auch die unzähligen Zuschauer staunten auf, was man in diesem Video sehr gut hören kann.


Film7: Weitere Eindrücke von der Vielfältigkeit des Feuerwerks in Asakusa.


Film8: Die letzten Sekunden Video, bevor die Speicherkarte voll war. Wer genau hinsieht, kann zu Beginn des Videos Gesichter erkennen. Doch auch wenn meine Dokumentation hier aufhört, ging das atemberaubende und vielfältige Feuerwerk noch einige Zeit weiter, ehe Milena, Lee und ich schließlich gegen halb Neun Uhr abends zurück nach Soka fuhren.

2 Kommentare:

michi hat gesagt…

sehr schade, dass die karte schon so schnell voll war. vlt. kannst du ja beim naechsten mal deinen apfel mitnehmen ;)
was hat denn der man mit dem megaphon in dem einen video angesagt?
ich finds so erstaunlich, dass selbst an solchen festivals die strassen absolut sauber sind und niemand was auf den boden schmeisst. hier kann man an solchen tagen kaum noch laufen vor lauter muell.

David Kraft hat gesagt…

Der Mann mit dem Megaphon hat Werbung für den Laden gemacht, für den er gearbeitet hat. Von solchen Leuten gibt es dutzende, wenn nicht hunderte bei Volksfesten in Japan. Die meiste verkaufen Speisen oder Getränke.
Und ja, es ist verhältnismäßig sauber in Japan. Das heißt natürlich nicht, dass dort nicht auch gelegentlich Müll herumliegen würde, aber es ist schon deutlich weniger, als beispielsweise in Deutschland. Dabei gibt es in Japan kaum öffentliche Mülleimer. Ich habe mich immer gefragt wie der Zusammenhang zwischen Müll und Mülleimern ist: Wird kaum Müll produziert und man hat deswegen kaum Mülleimer oder produziert man möglichst wenig Müll, weil man weiß, dass es kaum Mülleimer gibt? Wer weiss...
Zumindest mache ich es wie die meisten Japaner: Ich nehme meinen Müll immer mit und entsorge ihn zu Hause.