Donnerstag, 6. August 2009

Als Milena mal andere Bilder machen wollte

Wenn man durch Japan läuft, trifft man immer wieder auf kleine Kabinen, die wie Passbildautomaten aussehen. Doch es sind keine. Sie sind viel zu bunt, haben keine Bank zum Setzen und Positionieren und besitzen an einer Aussenseite einen mysteriösen Touchscreen, an dem man zu zweit sitzen kann. Wer sich mit der geheimnisvollen Kabine nicht auskennt, wird auch mit dem großen Aufdruck purikura nichts anfangen können, was die japanisierte Variante des englischen Wortes print club ist. Was soll das sein?
Die Antwort ist ebenso einfach, wie auch verwirrend: Es handelt sich um Kabinen, in denen man sich gemeinsam mit Freunden fotografieren lässt und anschließend die Bilder nachbearbeiten kann. Was sich wie ein lokales Bildbearbeitungsprogramm anhört, ist in Realität ein Produkt der japanischen Populärkultur, das regen Zuspruch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet. Mit einigen Freunden drängt man sich in die Kabine, lässt sich Backe an Backe oder in ausgefallenen Posen ablichten und bearbeitet die Bilder anschließend, indem man dem Foto knallige Rahmen, Texte und allerlei bunte Bildchen hinzufügt. Das Ergebnis ist dann ein ziemlich farbenfrohes und auch ziemlich kitschiges Bild von sich selbst und seinen Freunden. Überladen, aber nichtsdestotrotz doch eine nette Erinnerung. Und so ist es bei jungen Leuten sehr verbreitet mit guten Freunden diese fixen Bildchen zu erstellen, um fortan eine bunte, kleine Erinnerung im Portemonnaie herumtragen zu können, schließlich kann man die selbstgestalteten Fotos sofort mitnehmen.
Ich muss sagen, dass ich nie wirklich viel für diese allgegenwärtigen purikura übrig hatte, besaß ich doch lieber ein schönes Gruppenbild auf meiner Kamera, statt einem kitschigen Minifoto im Portemonnaie. Doch zum Ende meines Japanaufenthalts ließ ich mich von Milena überreden als Erinnerung an unser Japanjahr doch einmal solche Bilder mit einigen engen Freunden zu machen. Warum auch nicht, dachte ich mir. Ein paar amüsante Erinnerungen an meine Freunde hier in Japan können doch gar nicht verkehrt sein. Und so trafen sich die Briten Jessica und Dan, Lee, Milena und ich auf Milenas Initiative hin am Vormittag meines 323. Tages in Japan, um zu fünft in einem nahgelegenen Kaufhaus purikura zu schießen.
Es war schon ein kleines Abenteuer sich zu fünft in die Kabine zu drücken und so zu positionieren, dass jeder auf dem Bild halbwegs zu erkennen war. Und das alles innerhalb eines recht knapp bemessenen Zeitlimits. Nur zu oft wuselten wir aufgescheucht durch die kleine Kabine und versuchten ein lustiges Gesicht zu machen oder eine lustige Pose einzunehmen, während der Countdown von fünf abwärts zählte. Und so schnell der Spuk begonnen hatte, war er auch wieder vorbei und wir kamen aus der Kabine gelaufen, als hätten wir für eine Minute lang Extremsport getrieben. Doch es war noch nicht vorbei, denn nun begann der kreative Teil: Dan und ich setzten sich an den Touchscreen an der Außenseite der Kabine und begannen dem Bild allerlei bunten Kitsch hinzuzufügen. Da ich dies zuvor allerdings noch nie gemacht hatte, standen mir Jessica und Milena mit Rat und Tat zur Seite und erklärten mir in knappen Worten die Möglichkeiten der Bildbearbeitung. Und so saßen Dan und ich einige wenige Minuten gemeinsam an dem Bildschirm und verschönerten unserer Schnappschüsse unter reger Beteiligung der anderen drei, bis das Zeitlimit abgelaufen war. Die ganze Prozedur, also Bilder schießen und bearbeiten, wiederholten wir noch ein zweites Mal, dann hatten wir erst einmal genug Bildmaterial, um uns aneinander zu erinnern.
Auch wenn ich den purikura ein wenig kritisch gegenüber gestanden hatte, war ich letztlich doch freudig ein paar kleine Bilder von meinen Freunden in meinem Portemonnaie tragen zu können. Dabei sind es nicht nur die Bilder an sich, die mich jedes Mal lächeln lassen, wenn ich sie ansehe, nein, es sind vor allem die Erinnerungen, die mit ihnen verbunden sind: Wie wir die Bilder aufgenommen, uns in die Kabine gedrängt und schließlich in Partnerarbeit unsere Schnappschüsse bearbeitet haben. Es sind Moment wie jene gewesen, in denen mir wieder einmal bewusst geworden ist, welch gute Freunde ich hier doch gefunden habe. Und ich danke Milena von ganzem Herzen dafür, dass sie mich an jenem Tag dazu überredete purikura zu schießen.


Bild1: Jessica und Dan bei der Bearbeitung der Bilder am Touchscreen, während Milena und Lee beratschlagend daneben stehen.


Bild2: Lee, Jessica, Dan, Milena und ich.


Bild3: Zu viert mit unseren Dokkyo-Shirts, denn mittlerweile besitzt sie fast jeder. Jessica trägt mein blaues Dokkyo-Shirt, weil sie kein eigenes pinkes T-Shirt besitzt.


Bild4: Weil Dans Dokkyo-Shirt in der Wäsche war, wollte er nicht mit auf unsere Gruppenbilder mit den Dokkyo-Shirts. Darum versuchten wir ihn mit Schieben und Ziehen auf das Bild zu bekommen, wobei letztlich dieser Schnappschuss entstanden ist. Immerhin ein kleines Stück Hemd in der Ecke rechts unten ist von Dan auf dem Bild zu sehen.


Bild5: Es sind die spontanen Aktionen, die den großen Reiz beim Schießen der Fotos ausgemachen. Beispielsweise als Dan unerwartet Jessica auf die Backe küsste.


Bild6: Dies ist das Bild, an dem ich mit den vielen Bildchen und Accessoires herumgespielt habe, die man den Fotos hinzufügen kann. Ich finde es ist eine hübsches Bild voller schöner Erinnerungen geworden.

2 Kommentare:

MLD hat gesagt…

Hehe, hab ich doch gern gemacht (dich zum Purikura schleppen) ;D
Lieben Gruß von der gegenüberliegenden Wand! Lena

H. hat gesagt…

Die Fotos sind sooo toll. Schade, dass es solche purikura hier nicht gibt.