Samstag, 6. Juni 2009

Einer für alle, alle für sich!

Ich musste fast schon lachen, als Frau Sakatani für die heute Gruppenarbeit die Studenten durchnummerierte und in Dreiergruppen einteilte. Allerdings nicht wegen Frau Sakatani, sondern weil ich wie schon so oft mit Ma in einer Gruppe landete. Irgendwie schien ich das Pech geradezu anzuziehen, denn immer wenn Gruppen zur Konversation oder Partnerarbeit gebildet wurden, wurde ich mit jenen Personen zusammengesteckt, mit denen ich nun so gar nicht arbeiten wollte. Und das waren heute wie bereits einige Male zuvor Ma, sowie ein anderer Chinese namens Riku.
Aufgabe der heutigen Gruppenarbeit war einmal das Suchen wenig hilfreicher Einträge in einem einsprachigen Wörterbuch, also beispielsweise "Das Gegenteil von Rechts" für den Begriff "Links", beziehungsweise "Das Gegenteil von Links" als Erklärung für "Rechts". Im Anschluss daran, sollte man dann eigene, lustige Wörterbucheinträge erstellen, indem man Begriffe humorvoll und mit einem Hauch Ironie erläuterte und dann vor den anderen zum Besten gab. Zum Beispiel hätte man den Begriff "Politiker" mit den Worten "Eine Person, die Wähler anlügt, um gewählt zu werden." erklären können. An sich keine schweren Aufgaben, die mit den richtigen Partnern sicher eine Menge Spass gemacht hätte, doch zusammen mit Ma und Riku war jeder Versuch einer Zusammenarbeit vergebens. Es ging schon einmal damit los, dass Riku sein Wörterbuch nicht dabei hatte und er somit während der Bearbeitung der ersten Aufgabe einfach nur herum saß und nichts tat. Und das tat auch Ma, der keinerlei Bemühung zeigte irgendetwas zu tun. "Ich denke gerade.", gab er wie immer von sich, was ihm nach mehreren Wochen unentwegtem Denken wohl keiner mehr abnahm. Und so suchte ich alleine nach wenig hilfreichen Einträgen in meinem Wörterbuch, während Ma und Riku auf Chinesisch plauderten. Gelegentlich kam Frau Sakatani vorbei und fuhr Ma und Riku an, dass diese sich auf Japanisch unterhalten sollten und mir zusammenarbeiten sollten, woraufhin beide brav nickten und sich kurz darauf weiter auf Chinesisch unterhielten. 
Schließlich erhielten wir eine Liste mit Wörtern, die wir lustig erklären sollten, und so begann ich mir einige lustige Erklärungen aus den Fingern zu saugen. Mit verdeckter Hand schrieb Ma seine Sätze auf, sorgsam darauf bedacht niemanden sehen zu lassen, was er sich hatte einfallen lassen. Riku kritzelte irgendetwas auf sein Blatt, schielte dann auf meine Sätze und begann zu lachen. Auf Chinesisch machte er sich mit Ma über mich lustig und ich machte mir erst gar nicht die Mühe nachzuhaken, sondern schrieb weiter, bis Riku mir von sich aus den Grund seines Lachens mitteilte: "Du hast bei der Erklärung für Mobiltelefon "Zug" statt "Telefon" geschrieben.". Ich nickte und las meinen Satz für Mobiltelefon vor "Ein Ding, das alle anderen Fahrgäste im Zug stört.". Riku schaute ein wenig verdutzt, weil er erwartet hatte, dass ich meinen Sätz ändern und nicht stolz vorlesen würde. Und so stellte sich heraus, dass er und Ma die Aufgabe gar nicht verstanden hatten und in dem Glauben waren ernsthafte Erklärungen aufzuschreiben zu müssen. Als ich versuchte die Aufgabenstellung noch einmal zu erklären, waren sie vollends verwirrt und wechselten energisch Worte auf Chinesisch. "Da kann ich ja wohl nicht mitreden.", dacht ich mir, ließ die beiden alleine in ihrer Diskussion zurück und bearbeitete die Aufgabe alleine.
Ich war ein wenig geknickt, als Frau Sakatani dann an der Tafel die Ergebnisse unserer Gruppenarbeit sammelte und ich sah wie viel Spass alle in den anderen Gruppen hatten, wie sie beim Austauschen ihrer Einträge und Sätze lachten und versuchten sich gegenseitig zu toppen, während ich still und mit eiserner Miene neben Ma und Riku saß. Ich meldete mich nicht freiwillig zum Vorlesen, schließlich hatten wir nichts in Partnerarbeit entwickelt und ich wollte nicht, dass die anderen sich mit meinen harterarbeiteten Lorbeeren schmücken konnten. Einmal wurde Ma von Frau Sakatani drangenommen und er las stolz seine lustige Erklärung für "Sommer" vor: "Eine Jahreszeit.". Frau Sakatani hielt einen Moment inne und der Kurs begann zu kichern. "Habt ihr das in Partnerarbeit entwickelt?", fragte sie unsicher, woraufhin Ma sich aufplusterte und stolz: "Ich. Nur ich." rief. Frau Sakatani war ziemlich verwirrt, überlegte eine Weile lang ob sie diese eindeutig nicht lustige Antwort an die Tafel schreiben sollte und nahm schließlich jemand anderen dran. "Nun ja.", dachte ich mir, "Immerhin hat Ma sich mit seinem Egoismus selbst lächerlich gemacht und mich nicht mit hineingezogen.". Und so musste ich ein wenig schadenfroh lächeln, als wir schließlich die Gruppenarbeit beendeten und auf unsere Plätze zurückgingen.

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