Samstag, 23. Mai 2009

Partymeile Wohnheim

Für Partys und Feiern aller Art konnte ich mich noch nie wirklich begeistern. Wenn es sich nicht gerade um ein Zusammentreffen mit guten Freunden handelt, meide ich größere Menschenaufläufe, wo ich nur kann. Statt ausschweifenden Feiern bevorzuge ich eine gemütliche Stunde mit einem Buch, einen Fernsehabend oder ein Treffen, um gemeinsam zu Spielen. Aber auch wenn ich kein großer Anhänger von Feiern bin, kann ich es verstehen, dass viele Menschen zu besonderen Anlässen gerne Partys veranstalten: Wenn man Geburtstag hat, eine schwere Prüfung bestanden hat, auf eine lange Reise aufbricht oder alte Freunde wieder trifft. Doch was ich nicht mag, sind Feiern, die ohne jeden Grund abgehalten werden, einfach nur um zu feiern. Denn das widerspricht ja schon dem Wort an sich: Wie soll man eine Feier abhalten, wenn es nichts zu feiern gibt?
Eigentlich könnte es mich ja vollkommen kalt lassen, aus welchem Grund Menschen wie oft feiern. Und eigentlich lässt es mich das für gewöhnlich auch. Doch hier in Japan, wo fast alle ausländischen Studenten im selben Wohnheim untergebracht sind, bekomme ich fast jede Feier mehr oder weniger mit und sie beginnen mich zunehmend zu stören. Dabei bin ich nicht empfindlicher geworden, sondern die Zahl und Ausmaße der Feiern hier im Wohnheim haben drastisch zugenommen. Im letzten Semester gab es schon fast wöchentlich Partys und ich habe es hingenommen, dass die Studenten offensichtlich jede überstandene Uniwoche zelebrieren mussten, aber mittlerweile finden hier im Wohnheim etwa drei ausschweifende Partys pro Woche statt. Und wer ein wenig Mathematik beherrscht, der wird sich fragen wie dies sein kann, schließlich gibt es ja nur zwei Abende in der Woche, die sich zum Durchfeiern anbieten: Der Freitag und der Samstag. Doch offensichtlich gibt es keine Hemmschwelle mehr auch unter der Woche die Nacht zum Tag zu machen und entweder zu spät oder gar nicht in den Unterricht am folgenden Tag zu gehen. Damit schaden die partywütigen Bewohner des Wohnheims allerdings nicht nur sich selbst, sondern auch anderen, beispielsweise mir. Denn immer öfter sitze ich abends in meinem Zimmer und möchte lernen, lesen, schreiben oder irgendetwas anderes machen, wenn irgendwo laute Musik zu spielen beginnt, Menschen sich unterhalten und vereinzelte Schreie oder unbändiges Lachen durch das Wohnheim schallt. Dazu kommt zu allem Überfluss auch noch der Zigarettenqualm, der sich immer bis zu meiner Balkontür schleicht und an warmen Abenden und Nächten mein Zimmer erfüllt. Ich würde es mit einem Schulterzucken hinnehmen, wüsste ich, dass jemand Geburtstag hat oder ein anderes großes Ereignis anstehen würde, doch da die meisten Feiern nur aus Spass an der Freude abgehalten werde, erlaube ich mir mich regelmäßig über die unzähligen Feiern auszulassen, die mich von meinem normalen Tagesablauf abhalten.
Dieses Wochenende fand wieder einmal eine große, ausschweifende Party bis in die frühen Morgenstunden statt, weshalb ich bis spät in die Nacht wach lag und nicht einschlafen konnte. Eigentlich hätte ich gerne ausgiebig geschlafen, um endlich wieder gesund zu werden, doch das ständige Lachen und Schreien aus der Wohnung nebenan lies mich nicht zur Ruhe kommen. Trotz geschlossenes Balkontür und eingeschalteter Klimaanlage roch ich den Zigarettenqualm und je später es wurde, desto häufiger hörte ich betrunkene Japaner und Ausländer vor der Wohnungstür lärmen. Und so blieb mir nichts anders übrig als meine Kopfhörer aufzusetzen, meine Musik zu hören und zu lernen. Wirklich effektiv war es nicht, lenkte mich meine eigene Musik doch vom Lernstoff ab, aber es war immerhin besser, als stundenlang wach zu liegen und an die Decke zu starren. Wenigstens stand in der nächsten Zeit keine Präsentation an, auf die ich mich vorbereiten müsste, dachte ich mir und lernte weiter, bis ich schließlich irgendwann spät nach Mitternacht vor lauter Müdigkeit trotz des Lärms von nebenan einschlief.

2 Kommentare:

michi hat gesagt…

So, jetzt weisst du, warum die Uni alle Auslaender zusammen in ein Wohnheim einsperrt. Da ist das Elend auf dieses eine Wohnheim begrenzt.

Es gibt von Bose oder Bang und Olufsen oder so Kopfhörer, die alles an Geräuschen wegfiltern. Die messen aussen, was fuer Geraeusche aufs Ohr treffen wuerden, und setzen Schallwellen so dagegen, dass die Geraeusche ausgeloescht werden.
Aber gegen Rauch koennen sie nix machen :P

David Kraft hat gesagt…

Ich glaube, ich hätte diese Kopfhörer hier wirklich gebrauchen können. Jetzt ist es leider zu spät dafür, aber ich kenne da jemandem, dem ein ganzes Jahr Wohnheim noch bevorsteht. Vielleicht täte besagte Person gut daran, solch ein Paar Kopfhörer im Gepäck mitzuführen...
; )
Und mit dem Rauch? Ach, ich bin mir sicher, dass dir da auch etwas Cleveres einfällt.