Es ist bereits Tag 39 in Japan und seit meiner Präsentation ist nun schon eine Woche vergangen, in der einiges passiert ist. Und so hätte es mich nicht gewundert, wenn bereits niemand mehr über meine Präsentation sprechen würde und sie schon längst inmitten des Alltagstrott des Unilebens in Vergessenheit versunken wäre. Darum war ich heute sehr erstaunt immer wieder an meine Präsentation erinnert zu werden.
Es begann im morgendlichen Sprachkurs: Wie immer kam Frau Fukuda mit einem grimmigen Gesicht in den Unterricht geschlurft und signalisierte mit einem betonten "Guten Morgen!", dass die Zeit zum Unterhalten vorüber war und sich jeder auf seinem Platz einzufinden hatte. Doch noch bevor sie die Anwesenheitsliste überprüfte, kam sie zu mir geschritten und legte mir die Bewertung für meine Präsentation vor: 95 von 100 Punkten. Nochmals betonte sie wie gelungen sie meinen Vortrag fand und wie gut ihr insbesondere mein Handout gefallen hatte. Was sich anfangs wie ganz gewöhnliche Lobesworte eines zufriedenen Lehrers anhörte, denen man am besten mit beipflichtendem Nicken und kurzen Dankesworten entgegenkommt, nahm schon bald größere Ausmaße an. Sie begann zu erzählen, dass sie im Lehrerzimmer von meinem exzellenten Vortag erzählt hatte und meine Präsentation unter den Japanischlehrern nun wohl als einer der Geheimtipps schlechthin gehandelt wurde. Mir wurde schon ein wenig mulmig, wenn ich daran dachte, dass all meine Lehrer nun so hohe Erwartungen an meine zweite Präsentation stellten. Doch noch ehe ich mir ein passendes Horrorszenario ausmalen konnte, begann Frau Fukuda mich darauf hinzuweisen, dass Frau Tomura, meine Sprachlehrerin vom Donnerstag, großes Interesse an meiner Präsentation gezeigt hatte. Ich konnte auch nach einem verwirrten Nachfragen nicht wirklich Herausfinden, was nun eigentlich von mir verlangt wurde, aber ich verstand, dass ich am kommenden Donnerstag meine Unterlagen nochmals korrigiert in den Unterricht von Frau Tomura mitnehmen solle. Irgendetwas von einem anderen Kurs hatte ich herausgehört und ahnte, dass ich meine Präsentation möglicherweise nochmals vortragen musste, wozu ich eigentlich gar keine Lust hatte. Schließlich hatte ich vor einer Woche mit meiner Präsentation abgeschlossen.
Den gesamten Unterricht über hatte ich das Gefühl, dass Frau Fukuda viel höhere Erwartungen an mich stellte, als an die anderen Studenten. Gab es mehrere Aufgaben zur Auswahl, so erhielt ich stets die Schwerste. Wurden Abschnitte zum Vorlesen verteilt, so erhielt ich stets den Längsten. Und wurden Verständnisfragen gestellt, so waren meine Fragen schwerer und zahlreicher. Auf der einen Seite fühlte ich mich sehr geehrt, dass sie mich plötzlich so hoch schätzte, obwohl sie in unserem Kurs vor einer Woche noch jeden hatte spüren lassen, dass wie vollkommen unfähig seien. Andererseits war mir diese Rolle des "Alphaschülers" recht unangenehm und ich stand den gesamten Unterricht unter dem Druck alles wissen zu müssen, um ihren Erwartungen gerecht zu werden. Zwar habe ich an diesem Tag alle Hürden gemeistert, die sie mir gestellt hat, doch wirklich freuen kann ich mich auf den nächsten Unterricht nicht, zu hoch ist der Druck. Aber vielleicht legt sich ihre Erwartungshaltung auch bald wieder und ich kann wieder nur einer von vielen Schülern im Kurs sein.
Wie in der Woche zuvor standen nach dem Mittagessen wieder Präsentationen auf dem Programm. Eigentlich hätten heute Yosuke und ein Junge aus Bremen referieren sollen, da Yosuke aber den Kurs verlassen hatte, musste sich Florian aus Bremen alleine der Kritik der anderen stellen. Es war schon ein wenig seltsam nun nur als Zuhörer im Publikum zu sitzen, dem Referenten zu lauschen und Fragen zu stellen, nachdem ich letzte Woche selbst hinter dem Rednerpult gestanden hatte. Glücklicherweise wurde der Vortrag am Ende nicht mit den Vorträgen der Vorwoche verglichen, sonst wäre ich im Boden versunken. Wie gerne würde ich nun sagen können, dass das Kapitel mit der Präsentation endlich abgeschlossen ist, doch solange ich nicht weiß, was am Donnerstag auf mich zukommen mag, wird mich meine Präsentation nicht loslassen und sicher noch einige Zeit meines Weges begleiten.
2 Kommentare:
Wow, freut mich riesig, dass dein Vortrag so gut angekommen ist. Wenn sie viel Talent und Ehrgeiz in dir erkennt und auch die anderen Lehrer das zu hören bekommen fördern dich doch bestimmt bald auch die anderen. Ich glaub das ist keine Bürde sondern eher ne gute Chance.
Aber darauf das Ganze nochmal einer fremden Gruppe vorzutragen haette ich auch keine Lust.
Zum Glück musste ich den Vortrag nicht noch einmal vortragen, dennoch habe ich nun das Gefühl, dass einige Lehrer etwas besonderes in mir sehen. Sicherlich kann das eine Chance sein, aber es fühlt sich eher wie eine Bürde an. Aber wie gesagt: Ich muss erst einmal abwarten, wie sich die Sache weiterentwickelt.
Und das wichtigste ist doch, dass die Präsentation gut gelaufen ist.
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