Nach dem verregneten Donnerstag und Freitag, hatten sich für Samstag gleich zwei Personen bei mir angemeldet: Ninja wollte am Abend nach Soka kommen, übernachten und sich ein wenig die Stadt und meine Universität ansehen und auch Shinya wollte sich mit mir treffen und zum Abendessen wieder kochen. Um keinem von beiden absagen zu müssen, legte ich beide Treffen zusammen und freute mich somit auf doppelte Unterhaltung am Abend.
Meine Planung für den Abend lautete wie folgt: Nach seinen Vorlesungen sollte Shinya gegen 17 Uhr vorbeikommen. Gegen 18 Uhr wollten wir Ninja am Bahnhof abholen, gemeinsam einkaufen gehen und schließlich zu Abend essen. Doch schon der Beginn meiner Planung geriet aus den Fugen, als Shinya um 17 Uhr noch nicht da war. Als ich schließlich zum Bahnhof gehen musste, hatte ich immer noch nichts von ihm gehört und überlegte fiebrig, wie ich ein mögliches Unheil abwenden könne. So klopfte ich Yosuke wach, der wie üblich Nachmittags schlief, und bat ihn Shinya hereinzulassen, sollte er in meiner Abwesenheit eintreffen. Dann machte ich mich auf den Weg zum Bahnhof und holte Ninja ab, die pünktlich auf die Minute am Bahnhof in Soka eintraf. Als wir wieder im Wohnheim angekommen waren, war Shinya immer noch nicht da, dafür stand seine Tasche in der Wohnung. Yosuke wußte von nichts, wirkte aber verdächtig schläfrig, weshalb es mich nicht wundern würde, hätte er Shinyas Besuch einfach verschlafen. Nach einer Viertelstunde klingelte es dann und Shinya stand mit Einkaufstüten vor der Tür. Wie sich herausstellte, war er tatsächlich in meiner Abwesenheit da gewesen, hatte mehrmals in die scheinbar leere Wohnung gerufen, seine Tasche abgestellt und war fürs Abendessen einkaufen gegangen. Nach einer gewohnt förmlichen und etwas gestelzten Begrüßung zwischen Ninja und Shinya, saßen die beiden schon kurze Zeit später grübelnd über Ninjas neuem japanischen Mobiltelefon, prüften die Einstellungen, riefen bei der Auskunft an und surften im Internet. Nachdem ich Lee und Katharina heruntergebeten hatte, begannen wir wie geplant zu Kochen. Und mit "wir" meine ich Shinya, der an diesem Abend Herr der Küche war und uns ein wahrhaft göttliches Mahl servierte. Abgesehen vom Schälen der Kartoffeln und des Ingwer, bestand Ninjas, Lees und meine Aufgabe darin einen staunenden Blick über Shinyas Schulter zu werfen und seine Kochkünste mit wiederholten Aahs und Oohs zu kommentieren.
Als erstes Gericht zauberte er saba no misoni, also Makrele in Misosauce, auf unsere Teller. Bin ich eigentlich Fisch mit Haut eher abgeneigt, so konnte ich mich an diesem Gericht gar nicht satt essen. Und auch Ninja, die eigentlich keinen Fisch mit Haut isst und nur aus Höflichkeit ein kleines Stück probieren wollte, war hellauf begeistert und konnte nicht genug bekommen. Als zweites Gericht bereitete Shinya nikujaga zu, was soviel wie "Fleisch und Kartoffel" heißt, und das war es eigentlich auch. Für mein Empfinden wirkte es sehr deutsch und man hätte nikujaga genauso gut in einem rustikalen, deutschen Restaurant anbieten können. Da ich kein großer Fleischesser bin, habe ich nur ein wenig gekostet, kann aber dennoch sagen, dass es gut geschmeckt hat, obgleich es saba no misoni nicht das Wasser reichen konnte.
Bild1: saba no misoni von Shinya zubereitet. Die Makrele liegt in einer köstlichen Misosauce und wird von Ingwer, Lauch und Zitronengras bedeckt. Als Beilage gibt es natürlich Reis. Ein kulinarischer Traum.
Nach dem Essen saßen wir fünf dann noch lange zusammen und redeten über Essen, Bildung, Sprache und Zukunftsperspektiven. Shinya war ganz angetan, dass wir so großes Interesse an der japanischen Küche zeigten, schließlich aßen die meisten Ausländer in Japan lediglich das, was sie aus ihrer Heimat gewohnt waren. Darum bejahte er freudig, als wir ihn baten doch öfter japanische Gerichte zu kochen, um unseren kulinarischen Horizont zu erweitern. Im Gegenzug versprachen wir auch traditionell deutsche Küche für ihn zuzubereiten, obwohl ich noch gar keine Ahnung hatte, wie ich das bewerkstelligen sollte. Als Shinya dann gegen Mitternacht zum letzten Zug rennen musste, löste sich unsere Runde auf und mit Ninja spülte ich noch ab, bevor wir uns schlafen legten. Wie zur Schulzeit lagen wir noch lange wach und redeten über den Abend und unsere Erlebnisse in Japan. Doch das Gespräch kam immer wieder auf das vorzügliche Fischgericht zurück, dass uns beide so sehr begeistert hatte. Irgendwann gegen zwei Uhr muss ich dann schließlich eingeschlafen sein.
1 Kommentar:
sehr netter Eintrag, danke ^^
Aber ich esse schon Fisch und auch recht gerne~
Nur nicht mit Haut und Gräten (normalerweise).
Aber bei Shinyas Kochkünsten kann man da mal eine Ausnahme machen.
Liebe Grüße,
Ninja
Kommentar veröffentlichen