Donnerstag, 19. Februar 2009

Von Amanatsu bis Tenpura

Nun da die Vorlesungszeit an der Universität vorüber ist und ich nicht mehr in die Mensa gehe, werde ich oft gefragt, was ich zu Mittag esse. Ob ich selbst koche, kochen lasse oder nur von Fertiggerichten lebe. Darum habe ich mich entschlossen diesen Beitrag meinen täglichen Mahlzeiten zu widmen und habe versucht in den letzten Wochen ein wenig zu dokumentieren, was vor mir auf dem Teller liegt.
Zunächst einmal eine gute Nachricht: In der Regel bereite ich mein Essen selbst zu, Fertiggerichte kaufe ich mir nicht so oft. Einerseits weil sie im Vergleich doch etwas teuer sind, andererseits weil ich Spass am Kochen und Braten habe und gerne meine freie Zeit in eine leckere Mahlzeit investiere. Leider habe ich wenig kreativen Spielraum für ausgefallene Gerichte, da der Ofen nicht funktioniert und ich weder eine Fritteuse, noch andere spezielle Küchengeräte habe, weshalb alle meine Gerichte mit einer gewöhnlichen Pfanne gebraten oder in einem Topf gekocht werden müssen. Und so schrumpft mein Repertoire an alltäglichen Gerichten auf eine recht überschaubare Anzahl zusammen. Dafür bietet fast jede meiner Mahlzeiten fast unbegrenzte Variantionsmöglichkeiten, weshalb ich trotz der geringen Auswahl auch nach mehreren Monaten immer noch große Freude an jeder einzelnen Mahlzeit habe.


1. Sushi


Wenn man an Japan denkt, denkt man an Sushi. Und in der Tat ist Sushi hier sehr verbreitet und beliebt, weil es nahezu unbegrenzte Variationsmöglichkeiten bietet. Man findet Sushi in der Kühltheke des angrenzenden Supermarktes, auf den Speisekarten von Restaurants oder beim Schnellimbiss an der Straße. Und so reicht die Palette von Sushi von kunstvoll gestalteten Kompositionen, bis hin zu einem simplen Buffet an Partys, an dem jeder selbst sein Sushi zusammenstellt. Und so ist Sushi entgegen unser Vorstellung nicht ein kleines Röllchen, das mit Reis und Fisch gefüllt wird, sondern ein breites Sortiment an Gerichten, die nur eine einzige Sache gemeinsam haben: Sushireis. Dieser ist im Gegensatz zu unserem im Westen verbreiteten Langkornreis viel klebriger, was durch Zugabe von Reisessig und Zucker nochmals verstärkt wird, wodurch man eine zähe, klebrige Masse erhält, die für die verschiedenen Sushivarianten zurechtgeformt werden kann. Dazu kann nun allerlei gegessen werde, bevorzugt aber verschiedene Sorten von Fisch und anderen Meerestieren, Fleisch, Ei und verschiedene Gemüsearten, oftmals auch alles zusammen. Je nach Zubereitungsart kann der Sushireis dann zusammen mit den Beilagen in ein Noriblatt gewickelt werden, was eine Art Esspapier aus getrockneten Meeresalgen bzw. Seegras ist.
Und so esse auch ich oft Sushi, indem ich mir einen Topf Reis zubereite, mir ein paar handgroße Stücke Noriblatt zurechtschneide und dieses dann mit Reis und einer Auswahl an Zutaten belege. Die Zutaten variieren je nachdem, was gerade im Kühlschrank ist oder verwertet werden muss, in der Regel sind dies Thunfisch, Ei, Sojasprossen und Weißkohl. Manchmal habe ich auch Gurken, Karotten, Tomaten oder rohen Lachs da, das ist allerdings eher die Ausnahme, da diese Zutaten doch ziemlich teuer sind. Auf dem Foto sieht man auf meinem Küchenbrett die Noriblätter (unten links), daneben Weißkohl. Darüber befindet sich gebratenes Ei und schließlich eine Schale mit Thunfisch, der mit Zwiebeln, ein wenig Mayonnaise und Gewürzen zubereitet wurde. Das Einzige, was nun noch fehlt, ist ein Topf gefüllt mit Sushireis.


2. Okonomiyaki


Seitdem ich zu Beginn meines Jahres in Japan schon einmal über Okonomiyaki berichtet habe ("Okonomiyaki - Pizza auf Japanisch"), bin ich experimentierfreudiger und professioneller geworden und so sind eben jene "japanischen Pizzas" zu einem festen Bestandteil meines Nahrungsplans geworden. Okonomiyaki setzt sich aus den Wortbestandteilen okonomi, was soviel bedeutet wie "was man mag", und yaki, was im japanischen ein Suffix für alles ist, was gebraten, geröstet oder gegrillt wird, zusammen. Und damit ist bereits ersichtlich was Okonomiyaki genau ist: Ein bunter Mischmasch aus allem nur Erdenklichen, was zusammen mit einem simplen Teig in der Pfanne zu einer Art dickem, deftigen Pfannenkuchen gebraten wird. Der Grundteig besteht lediglich aus Ei, Mehl, Wasser und Weißkohl. Der Rest ist dann ganz nach Belieben hinzuzufügen und richtet sich bei mir wieder einmal nach dem, was sich gerade im Kühlschrank befindet. Für gewöhnlich sind dies Sojasprossen und Zwiebeln, oftmals füge ich aber auch Tomaten, Thunfisch, Käse, Spinat oder Karotten hinzu. Das Wenden, was anfangs noch die größte Schwierigkeit darstellte, ist nun zum spaßigsten Teil des Kochens geworden, da ich mir angewöhnt habe das Okonomiyaki in die Luft zu werfen und dann wieder in der Pfanne aufzufangen. Bisher ist es noch nie schief gegangen. Das fertige Okonomiyaki bestreiche ich immer mit einer Mischung aus Okonomiyakisoße aus dem Supermarkt und Mayonnaise. Auf dem Foto kann man meine private Soßenmischung auf einem frischen Okonomiyaki sehen. Im Teig kann man den Weißkohl und Karottenstücke erkennen.


3. Zitrusfrüchte


Wer nun erwartet, dass ich ausgefallene Gerichte mit Zitrusfrüchten beschreibe, wird enttäuscht sein, da ich die Zitrusfrüchte einfach nur esse. Da es sie hier in Japan allerdings eine weitaus breiteren Auswahl an verschiedenen Sorten gibt, als bei uns in Europa, steht bei mir fast jede Woche ein neues Säckchen Zitrusfrüchte, die ich meist zum Frühstück oder spätabends esse, wenn es zu spät zum Kochen ist. Und so sind auch Zitrusfrüchte zu einem frischen und vitaminreichen Bestandteil meines Nahrungsplans geworden.
Um ehrlich zu sein, kenne ich mich mit den verschiedenen Sorten von Zitrusfrüchten nicht aus, weshalb ich in der Überschrift den Überbegriff "Zitrusfrüchte" benutze, obwohl ich eigentlich größtenteils orangenähnliche Früchte esse. Neben den bei uns bekannten Orangen, die es auch hier in Japan als orenji gibt, bietet jeder Supermarkt ein weitaus breiteres Spektrum an Früchten an, deren Namen man bei uns in Europa gar nicht kennt, wie beispielsweise die amanatsu, die auf dem Foto abgebildet sind, oder iyokan, die ich erst heute gekauft habe. Wie ich herausgefunden habe, sind dies wohl nicht einfach nur andere Namen für Orangen, Pampelmusen, Pomelos oder Grapefruits, sondern eigenständige Züchtungen, die in den ansässigen Supermärkten auch wiederum mit verschiedenen Unterarten angeboten werden. Da ich das komplexe System der Zitrusfrüchte aber noch nicht ganz verstehe, habe ich angefangen jede Zitrusfrucht, die ich hier in die Hände bekomme zu dokumentieren. Vielleicht werde ich bald einen ganzen Beitrag über die zahlreichen Sorten schreiben, die in den hiesigen Supermärkten angeboten werden.


4. Tenpura & Inari


Da ich keine eigene Fritteuse habe, gehören Tenpura und Inari zu jenen Gerichten, die ich leider nicht selbst zubereiten kann, obwohl sie ziemlich simpel sind. So kaufe ich sie mir manchmal abends im Supermarkt, wenn die Preise herabgesetzt sind und ich das Bedürfnis nach etwas Abwechslung habe. Inari (links im Bild) sind frittierte Tofutaschen, die mit Reis gefüllt sind. Sie sind ein wenig süßlich und werden oft zusammen mit Sushi angeboten. Tempura (rechts im Bild) hingegen beschreibt wieder eine ganze Palette an verschiedenen Gerichten, die nur eine Gemeinsamkeit haben: Sie werden in einem Teigmantel frittiert. Das umschließt dann sowohl verschiedene Arten von Fisch und Fleisch, sowie Gemüse oder Kräuter. Tenpura ist ursprünglich kein japanisches Gericht, sondern stammt vermutlich aus Portugal, wo das Wort "Tempora" Fastenzeit bedeutet und auf das 16. Jahrhundert verweist, in dem man kleine Essensstücke aus den Fettresten einer Pfanne aß. Tenpura fällt bis heute in der japanischen Küche auf, nicht weil es einen komischen Namen hätte, sondern weil es sehr fettig ist, was sehr ungewöhnlich für japanischen Mahlzeiten ist. Darum wird es, wie Inari,  in der Regel als Beilage gegessen. Natürlich hindert mich dies nicht daran dennoch am späten Abend eine Portion Tenpura oder Inari als Abendsnack zu essen. Normalerweise kaufe ich mir fleischloses Tenpura, weshalb man auf dem Foto unten rechts Tenpura aus daikon,  einer große japanische Rübe, darüber Tenpura aus einer Art Dill, sieht. Gerne probiere ich aber auch andere Varianten, weshalb ich erst gestern Tenpura aus Süßkartoffeln probiert habe, was überaus köstlich war.


5. Spaghetti

Ja, die italienischen Nudel haben es bis in die japanische Küche geschafft, zumindest bis auf meinen Teller, denn oft mache ich mir zum Essen auch einfach nur eine Portion Nudeln. Da hier die bei uns übliche Tomatensoße nicht sehr verbreitet ist, muss ich diese stets selbst zubereiten. Dazu nehme ich dann passierte Tomaten und eine Auswahl an Gewürzen. Manchmal esse ich die Nudeln auch mit einigen getrockneten Zutaten und Gewürzen, die mir meine Mutter aus Deutschland geschickt hat. Ein Foto habe ich nicht gemacht, da ich denke, dass jeder sich vorstellen kann wie lange Nudeln aussehen.


6. Gyouza


Gyouza sind kleine Teigtaschen, die normalerweise mit Fleisch gefüllt sind. Sie erfreuen sich in Japan großer Beliebtheit, stammen aber ursprünglich aus China, wo sie jiaozi genannt werden. Die Zubereitung ist mannigfaltig und reicht vom Kochen in der Suppe, bis zum Anbraten in der Pfanne. Obwohl ich kaum Fleisch esse, bereite ich mir hier des öfteren Gyouza zu, da ich eine Sorte entdeckt habe, die in der Füllung viel Knoblauch und Schnittlauch hat, wodurch der Fleischgeschmack ein wenig in den Hintergrund tritt. Für gewöhnlich brate ich ein halbes Dutzend Gyouza in der Pfanne und würze sie mit einer beigelegten Soße, deren Inhalt ich nicht lesen kann.


7. (Davids-)Donburi


Donburi ist ein ebenso simples wie mannigfaltiges Gericht in Japan, das man fast überall bekommen kann. Eigentlich ist es nämlich nur eine Schale Reis mit irgendetwas obendrauf. Das "Irgendetwas" ist häufig gebratenes Fleisch, Geflügel oder Fisch. Oftmals mit Soße und/oder Salat. Man könnte also einfach eine Schüssel Reis nehmen und sein Hähnchengeschnetzeltes darauflegen und schon hätte man Hähnchen-Donburi, weshalb man sich Donburi wie ein deutsches Gericht mit Reisbeilage vorstellen kann, das lediglich anders arrangiert wird. In Japan haben sich natürlich bestimmte Donburi-Varianten als besonders populär erwiesen, die man häufig in Restaurants oder an Imbissbuden antrifft, doch theoretisch kann man sein ganz eigenes Donburi gestalten, was ich gelegentlich tue. Auf dem Bild habe ich beispielsweise einfach nur eine Mischung aus westlichem Gemüse auf meinen Reis gelegt und so mein ganz eigenes Donburi kreiert, das ich mit ein wenig Mayonnaise esse.

8. Dango


Dango ist eine Bezeichnung für japanische Fleischbällchen, die wie so viele Dinge in Japan in den verschiedensten Varianten gegessen werden können. Manchmal als gekochte Fleischbeilage für ein Gericht, in Suppen oder auch gebraten als eigenes Gericht. Auf Straßenfesten begegnet man gebratenen Dango oft an einem Spieß zum mitnehmen. Wenn ich mir Dango zubereite, dann oft als Bestandteil eines bunten Topfes. Dazu koche ich oft Kartoffeln oder Satoimo (japanische Kartoffeln) mit Dango und westlichem Gemüse, wie Karotten, Brokkoli und Blumenkohl, gieße die Brühe ab und lege alles in eine Schale. Mit einer ordentlichen Menge Soße hat man ein köstliches Gericht, für das man nicht viel Zeit aufwenden muss. Gelegentlich brate ich alles noch für eine Weile in der Pfanne an.

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