Mittwoch, 14. Januar 2009

Heiligabend in Soka

Wegen der Vorbereitungen für Weihnachten gingen die letzten Tage wie im Flug vorbei und ehe ich mich versah, war bereits Heiligabend. Nachdem ich erst einmal lange geschlafen hatte, verbrachte ich fast den gesamten Vormittag damit das Video für meine Freunde zu vollenden, ehe ich mich duschte und anzog, um mit Lee und Katharina für das gemeinsame Abendessen einkaufen zu gehen. Ein wenig langsam, dafür aber recht koordiniert, schlenderten wir zu dritt quer durch Soka, um sowohl alle nötigen Lebensmittel als auch alles andere, was wir für den Abend brauchten, zu kaufen. Unterwegs gabelten wir Tomomi auf, die uns den Rest des Abends Gesellschaft leistete. Gegen fünf Uhr kehrten wir nach rund zwei Stunden wieder zurück ins Wohnheim und nachdem ich mein Weihnachtsvideo auf meinem Blog hochgeladen und noch einmal kurz mit meinem Freund in Deutschland telefoniert hatte, machte ich mich beladen mit Tee, Plätzchen und anderen Süßigkeiten auf den Weg nach oben zu Lee, Tomomi und Katharina.


Bild1: Ich trug all meine Plätzchen, meinen Tee und ein paar Weihnachtslebkuchen nach oben.


Zugegeben, der Abend begann ziemlich träge. Katharina saß in ihrem Zimmer am Computer während Lee und Tomomi leise redend damit beschäftigt waren das Abendessen vorzubereiten und ich ein wenig deplatziert still am Tisch saß. Doch als nach rund einer halben Stunde der Reis endlich fertig gekocht war und sich alle zum Essen am Tisch einfanden, legten sich die anfänglichen Anspannungen glücklicherweise und hungrig fielen wir alle über einen Tisch voller Sushi her. Damit für jeden etwas da war, durfte sich jeder seine Sushi selbst belegen und aus Thunfisch, Lachs, Ei, Karotte, Gurke, Weißkohl und nikujaga ("Fleisch und Kartoffel", eine japanische Speise, die Shinya bereits einmal zubereitet hatte) wählen. Und so unterhielten wir uns alle über dieses und jenes, während jeder kräftig zulangte.


Bild2: Katharina, Lee und Tomomi schauen sich gemeinsam Bilder von Tomomis Urlaub in Deutschland an.


Bild3: Der Tisch ist voll mit Zutaten für unsere Sushi.


Inspiriert durch die Papierschneeflocken, die Lee und ich beim japanischen Weihnachtsgottesdienst bestaunt hatten, begannen wir nach dem Essen zu basteln. Während Lee und ich Tomomi erklärten, wie sie ein Blatt schneiden und falten musste, um eine sechsarmige Schneeflocke zu basteln, zeigte uns Tomomi, wie wir mit zwei Papierstreifen zweifarbige Sterne basteln konnten. Und so saßen wir eine Stunde lang eifrig bastelnd am Tisch und tauschten uns aus. Nachdem Katharina ein echtes, deutsches Überraschungsei präsentierte, das sie von ihrer Familie aus Deutschland erhalten hatte, und gemeinsam mit der begeisterten Tomomi davor saß, begannen Lee und ich den Tisch abzuräumen und ich stellte die Plätzchen meiner Mutter auf den Tisch. Fasziniert testete Tomomi voller Bedacht jede Sorte und konnte gar nicht glauben, dass man in Deutschland Plätzchen selbst backen würde.


Bild4: Während des Bastelns herrschte Chaos auf dem kleinen Tisch.


Bild5: Tomomi bastelt eifrig.


Bild6: Ein Blick auf all die Plätzchen meiner Mutter, sowie einen Lebkuchen aus Deutschland.



Film1: Tomomi genießt ausgiebig jedes einzelne Plätzchen.


Kurz bevor Tomomi gehen wollte, gab sie uns allen als Dankeschön für den Abend überraschend Weihnachtsgeschenke. Ich packte mein kleines Paket aus und fand ein paar Socken darin. Musste ich mir erst das Lacken verkneifen, weil in Deutschland Socken immer als eine Paradebeispiel für ein langweiliges Geschenk gelten, wurde mir nach kurzem Nachdenken bewusst, dass es momentan kaum ein besseres Geschenk gab. Schließlich kann ich die Socken hier in Japan benutzen und bei meiner Heimreise ohne größere Probleme in den Koffer packen und habe somit immer ein Andenken an meine Weihnachtsfeier in Japan. Aus gegebenem Anlass überreichte auch Lee ihre Geschenke und ich konnte mich gleich noch über ein Paar Handschuhe freuen. Da ich nicht damit gerechnet hatte, dass Tomomi auch mir etwas schenken würde, hatte ich bedauerlicherweise gar kein Geschenk und überlegte fiebrig, wie ich mich revanchieren konnte. Und da sie von den deutschen Plätzchen so sehr angetan war, packte ich ihr sogleich einen Beutel voller selbstgebackenen, deutschen Plätzchen und überreichte ihn ihr feierlich. Bevor sich alle trennten, lud ich alle in Lees Zimmer ein, wo ich meinen Laptop aufgebaut hatte, um gemeinsam zum Abschluss des Abends mein Weihnachtsvideo anzusehen. Vor allem Tomomi war hellauf begeistert, weil sie nie damit gerechnet hätte auch Bilder von sich in dem Video zu finden.  
Da es mittlerweile doch schon recht spät war, hatten wir alle Bedenken Tomomi alleine nach Hause laufen zu lassen, weshalb wir letztlich zu viert quer durch Soka zu Tomomis Wohnung wanderten. Und so passierte das, was ich mir insgeheim für meinen Heiligabend in Japan gewünscht hatte: Ein spätabendlicher Spaziergang mit meinen Freunden durch das geschmückte Soka. Nachdem wir uns herzlich von Tomomi verabschiedet und ihr schon einmal alles Gute fürs nächste Jahr gewünscht hatten, liefen wir zurück zum Wohnheim. Nachdem ich all meinen Tee, meine restlichen Plätzchen sowie meine Geschenke nach unten getragen hatte, feierte ich noch einmal meine kleine private Bescherung mit den Geschenken, die ich von meiner Mutter und meinen Freunden aus der Heimat erhalten hatte. Und als ich dann bei einer heißen Tasse Tee noch einmal schnell durchs Internet surfte, entdeckte ich freudig, dass bereits einige meiner Freunde mein Weihnachtsvideo kommentiert hatten. Und mit dem Gedanken an meine Familie und meine Freunde, die alle an mich dachten, schlief ich schließlich ein.

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