Frau Takeda muss man einfach lieb haben, denn wenn sie freitags in den Unterricht kommt, geht die Sonne auf. Jede Woche kommt sie mit unerschöpflicher Lebensfreude und ansteckendem Optimismus in den Lehrsaal und überrascht mich stets mit etwas Neuem. Als sie heute durch die Tür kam, zog sie schnaufend eine Tüte hinter sich her, die sie mit großer Anstrengung auf den Tisch knallte. Während sich alle Anwesenden verwirrt anschauten, begann Frau Takeda aus der Tüte eine Packung Süßigkeiten nach der anderen zu ziehen. Ohne irgendeine Begründung lief sie dann mit jeder Packung lächelnd zwischen den Tischreihen umher und legte jedem eine Süßigkeit nach der anderen auf den Tisch, einfach so. Und so ist es für mich immer wieder ein Erlebnis in ihren Unterricht zu gehen und mich überraschen zu lassen, ob sie Süßigkeiten verteilt, lustige Anekdoten erzählt, das Unterrichtsbuch beiseite legt und mit uns über einen aktuellen Zeitungsartikel spricht oder uns japanische Kinderspiele beibringen will.
Bild1: Meine Sprachlehrerin vom Freitag: Die lebensfrohe Frau Takeda.
Bild2: Das Foto ist leider unscharf, aber man erkennt dennoch die Süßigkeiten, die sich vor meinem Lehrbuch auftürmen.
Lee hat heute erzählt, dass sie eine Kirche in Soka gefunden hat, in der einmal wöchentlich englischsprachige Gottesdienste gehalten werden. Da sie sehr christlich ist und ein wenig den Kontakt zu ihrer Gemeinde vermisst, hat sie beschlossen regelmäßig an den besagten Gottesdiensten teilzunehmen. Als sie dort war, war sie dann ziemlich überrascht, dass der Gottesdienst doch ganz anders verlief, als sie es aus den U.S.A. gewohnt war. Im Vorhinein rechnete sie mit einer halbleeren Kirche, in welcher der Pfarrer wie gewohnt seine Predigt vor der aufmerksam lauschenden Gemeinde hält. In Realität war die Kirche aber zu neunzig Prozent mit Afrikanern gefüllt, die die Kirche mit ihrer Lebensfreude füllten und während des gesamten Gottesdienstes sprachen, lachten und ziemlich lautstark ihren Glauben auslebten. Obwohl Lee zugab anfangs ein wenig irritiert gewesen zu sein, schien sie sich an dem zwar ungewöhnlichen, aber doch sehr lebensfrohen Gottesdienst erfreut zu haben. Vermutlich wird sie nun sogar regelmäßig in die Kirche gehen. Obwohl ich kein sehr gläubiger Mensch bin, hat mich Lees Schilderung doch fasziniert und ein wenig neuierig gemacht. Vielleicht werde ich bei Gelegenheit auch einmal mit in einen englischsprachigen Gottesdienst hier in Japan gehen.
2 Kommentare:
Schön, mal ein Foto von einer deiner Lehrerinnen zu sehen. Waren die Süßigkeiten auf dem Foto etwa alle für dich? Ganz schön großzügig, sie scheint euch wirklich zu mögen.
Ich bin gespannt, ob du demnächst mal was von dem Gottesdienst erzählst...wäre doch mal eine interessante Erfahrung. Dann kannst du ja mal irgendwann Frau Donut davon berichten.
Übrigens habe ich vor etwa einem halben Jahr in meinen Konfi-Sachen gestöbert und einen Brief entdeckt. Wir sollten damals einen Brief an Frau Donut verfassen, der glaube ich 20 Jahre in der Zukunft datiert ist. Darin sollten wir ihr schreiben, was aus uns geworden ist, was wir beruflich so machen usw. War total interessant zu lesen, was ich mir damals für meine Zukunft vorgestellt hatte. Vielleicht schicke ich ihr diesen Brief ja wirklich dann mal, anbei einen neuen Brief, mit Beschreibungen, wie mein Leben nun wirklich verlaufen ist.
Kannst ja mal in deinen Konfi-Sahcen stöbern, wenn du wieder zurück bist, vielleicht hast du den Brief ja auch noch.
Ich hatte bereits ganz vergessen, dass wir jemals solch einen Brief geschrieben haben, aber ich finde deine Idee sehr gut. Vielleicht sollten wir wirklich eine Kopie an Frau Donat schicken und einen zweiten Brief mit unserem "richtigen Leben". Würde mich mal interessieren, was ich damals geschrieben habe...
Ich weiß gar nicht genau, wo meine Konfi-unterlagen sind. Hat meine Mutter die in Darmstadt? Mmh...
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