Präsentationen schienen mir schon seit meiner Schulzeit zu liegen. Stets habe ich gute Leistungen erbracht und niemals grobe Fehler begangen, dennoch war ich im Vorhinein immer aufgeregt und befürchtete das Schlimmste, was natürlich fast nie eintrat. Obwohl ich heute meine lang angekündigte Präsentation halten musste, war ich den ganzen Tag über überraschend ruhig. ich ging weder nervös mein Skript durch, noch prüfte ich alle zehn Minuten, ob noch alle meine Unterlagen vorhanden waren. Vielleicht war ich so gelassen, weil ich schlichtweg wußte, dass ich eine gute Präsentation vortragen würde, in die ich wohl weitaus mehr Energie investiert hatte, als die meisten anderen. Es gab einfach keinen Punkt an dem ich mir unsicher war oder keinen Bereich, von dem ich hoffte, dass niemand danach fragen würde. Und so verlief der Vormittag wie gewohnt: Ich folgte aufmerksam dem Unterricht, ging zwischen den Stunden auf die Toilette und traf mich mit Lee und Katharina zum Mittagessen in der Mensa. Ein ganz normaler Tag, nur dass ich zur dritten Stunde ein wenig früher als gewohnt im Klassenraum erschien.
Frau Fukuda, die strengste Lehrerin von allen, war bereits da und bot an die Technik anzuschließen. Doch hier trat bereits das erste Problem auf: Mein Mac-Laptop war nicht kompatibel mit der Technik, die meine Bilder an die Wand werfen sollte. Was Frau Fukuda sachlich mit einem kurzangebundenen "Pech." kommentierte, brachte mich aber nicht aus der Ruhe und ich legte in aller Ruhe meine Blätter zurecht, startete meinen Laptop und traf alle notwendigen Vorbereitungen, während die anderen Kursteilnehmer einer nach dem anderen in den Raum getrottet kamen. Noch ein letzter prüfender Blick auf die Uhr und ein kurzes Nicken zu Frau Fukuda, dann fing ich an.
Nach einer kurzen Begrüßung reichte ich meine Handouts herum, die alle begierig betrachteten. Ich gab ihnen ein wenig Zeit, dann ging ich auf eine Liste der unbekannten Schriftzeichen ein, die ich hinzugefügt hatte. Mit einigen einfachen Fragen wie "Kennt ihr Nintendo?" und "Was assoziiert ihr mit Nintendo?" begann ich ins Thema einzuleiten und die Aufmerksamkeit der Zuhöhrer auf mich zu lenken. Nach einer kurzen Vorstellung meiner Gliederung, begann ich meinen Text möglichst langsam und betont vorzutragen. Da die Bilder von meinem Laptop nicht an die Wand geworfen werden konnten, lief ich an wichtigen Stellen meines Vortrags mit meinem Laptop in der Hand an den Tischen vorbei und erklärte das Bild, das ich mit mir herumtrug. Nachdem ich mit meinem Vortragsteil fertig war, bedankte ich mich und fragte nach Verständnisfragen oder Meinungen zu meinem Vortrag. Traute sich am Anfang niemand auch nur die Hand zu heben, wurde ich nach kürzester Zeit mit Fragen überhäuft, auf die ich auch meist sehr schnell und gut antworten konnte. Ein wenig ins Straucheln kam ich, als mich Frau Fukuda nach meiner Lieblingsvideospielreihe "The Legend of Zelda" befragte und mich bat für alle eine kurze Übersicht zu geben. Für die Erklärung eines Abenteuerspiels reichte mein Japanisch dann doch nicht aus und so gab ich eine sehr allgemeine und löchrige Übersicht von mir, die ihr aber zu genügen schien. Nach insgesamt 40 Minuten setzte ich mich schließlich auf meinen Platz und wurde mir bewusst, dass es nun endlich vorbei war.
Gleich nach mir war der Chinese Ma, der mir seit dem ersten Tag an der Universität negativ aufgefallen war, an der Reihe. Ohne jegliche Begrüßung begann er in einem Schwall undeutlichem Japanisch seinen Vortrag über ein Kochrezept aus seiner Heimat. Höflich versuchten alle dazusitzen und irgendetwas zu verstehen, um in der Diskussion Fragen stellen zu können, doch es war vergebens. Irgendwann lehnte sich Katharina zu mir und bemerkte gelangweilt, dass die einzigen Wörter, die sie verstehen konnte, Tomate und Ei seien. Mir ging es kaum anders. Irgendwann wurde Ma dann leise und blickte angestrengt auf sein Blatt. Zunächst dachten alle, er würde über die Lesung eines Schriftzeichens nachdenken, doch irgendwann wurde die Pause zu lang und alle schauten sich ein wenig betroffen und ratlos um. Dann ergriff Frau Fukuda das Wort und fragte, ob sein Vortrag denn beendet war, woraufhin er eifrig mit dem Kopf nickte. Nachdem sie innerlich stöhnend langsam den Kopf schüttelte, wies sie ihn darauf hin doch wenigstens das Publikum darauf hinzuweisen nun Fragen zu stellen. Er stand da und nickte wieder eifrig "Ja.". Frau Fukuda saß da, blickte ihn böse an und erwiderte wütend: "Nicht 'Ja.'! Fragen sie ihr Publikum, ob es Fragen gibt!". Ma blickte etwas verwirrt, drehte sich zu uns um und begann irgendetwas auf Chinesisch zu sagen. Da schlug Frau Fukuda einmal mehr die Hände über dem Kopf zusammen, schüttelte energisch den Kopf und begann eifrig sich Notizen auf ihren Bewertungszettel zu schreiben. Und so chaotisch wie die Diskussion begann, ging sie auch weiter. Ma konnte kaum eine Frage beantworten, die ihm gestellt wurde, wußte stellenweise nicht worüber er referiert hatte und redete fast nur auf Chinesisch mit seinen Kommilitonen. So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte nichts Positives an seinem Vortrag finden und auch Katharina meinte nur "Ich hätte ihm ja gerne eine leichte Frage in der Diskussion gestellt, aber ich habe seinen ganzen Vortrag nicht verstanden.". Zum Ende der Stunde gab Frau Fukuda dann ein kurzes Feedback zu den beiden Vorträgen. Wie zu erwarten zerriss sie den Vortrag von Ma in der Luft, während sie zu meiner Überraschung meinen Vortrag in den höchsten Tönen lobte. Vorallem mein Handout und meine Einleitung hatten es ihr besonders angetan und sie so wurde sie nicht müde immer wieder hervorzuheben wie viel besser meine Einleitung, meine Fragestellung, mein Handout und meine Vortragsweise waren.
Erleichtert konnte ich an diesem Tag nach Hause gehen und am Abend zur Feier des Tages mit Katharina zusammen Okonomiyaki zubereiten. Mit einem guten Essen und einem langen Gespräch klang der Abend aus und ich konnte mit dem Wissen ins Bett gehen, dass der allgegenwärtige Stress der letzten Tage nun endlich vorüber war und ich vorerst keine Handouts mehr schreiben, keine Bilder mehr suchen und keine Sprachübungen für mein Skript mehr machen musste. Mit dem guten Gefühl meine erste größere Hürde mit Bravour genommen zu haben, schlief ich ein.
2 Kommentare:
Juhu, endlich bin ich auf dem neusten
Stand :-)
Ich gratuliere dir hiermit zu deiner gelungenen Präsentation und bin wirklich stolz auf dich. Vor allem, dass du trotz des Problems mit den Bildern nicht aus dem Konzept gekommen bist und die Situation gerettet hast.
Ich kann mir vorstellen wie erleichtet du jetzt bist, wenn ich daran denke, wie das bei mir bei Präsentationen ist. Ich glaube, ich verbrauche bei der Vorbereitung bald die Hälfte der Zeit damit, die Power point-Folien hundert mal zu überarbeiten, irgendwelche Formulierungen zu änderen, hier die Textblöcke dann doch noch einen Milimeter nach links zu verschieben und an anderer Stelle noch etwas zu unterstreichen, bis ich dann endlich zufrieden bin. Es ist immer viel Arbeit, bis man alles soweit hat, dass es seiner Meinung nach perfekt ist und umso schöner ist es dann, wenn sich das alles gelohnt hat und der Lehrer auch begeistert ist.
Was bei deiner chronisch schlecht gelaunten Lehrerin ja wirklich eine Leistung ist.
Hallo H.,
Es freut mich riesig, dass du wieder aus Teneriffa zurückgekehrt bist. Und Vielen Dank für deine Glückwünsche zu meiner gelungenen Präsentation.
Für die Powerpoint Folien habe ich zum Glück nicht so lange gebraucht, da waren ja größtenteils nur Bilder drauf. Vielleicht habe ich bei meiner nächsten Präsentation ja mehr Text auf den Folien, dann sollte ich sicherheitshalber mehr Zeit für das Erstellen der PowerPoint-Präsentation einplanen. Mir geht es nämlich auch meist so, wie du es beschrieben hast : )
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