Donnerstag, 16. Oktober 2008

Die Welt wächst zusammen

Die Welt wächst zusammen. Und das merkt man nicht nur an Dönerbuden, Harry Potter, Anime und US-Rappern. Der Informationsfluss rund um den Globus ist heutzutage so schnell, dass eine lokal fast unüberbrückbare Distanz auf eine fast schon unheimliche Nähe zusammenschrumpft.
Eine Reise von Deutschland nach Japan war vor hundertfünfzig Jahren noch ein gefährliches Wagnis. Mit dem Schiff hatte man Afrika zu umsegeln, um dann wochenlang durch unbekannte Gewässer an fremden Häfen vorbeizufahren, bis man am Ende der Welt eine exotische Insel fand. Was in der Heimat im fernen Westen passierte, erfuhr man nur bruchstückhaft und in einem zeitlichen Abstand, je nachdem wie oft Schiffe sich auf den Weg in heimatliche Gefilde aufmachten. Doch man muss gar nicht so weit in die Vergangenheit reisen, um zu bemerken, wie die Welt zusammenwächst. Vor gerade einmal 20 Jahren, als das Internet noch nicht die ganze Welt umspannte, war eine Reise nach Fernost, auch noch ein Abenteuer. Man schrieb Briefe, schickt Pakete und freut sich über jede Kunde von der Person am anderen Ende der Welt. Hin und wieder konnte man telefonieren, damals noch mit der typischen Sprechverzögerung von einigen Sekunden und nur ganz kurz, schließlich brannte die Leitung um die Welt ein Loch in den Geldbeutel. Aus meiner eigenen Kindheit kenne ich noch die Telefonate, die meine Oma mit Verwandten im Ausland führte. Sie waren jedes Mal ein Erlebnis, jedes Mal ein kleines Abenteuer. Und wenn schließlich jemand nach Wochen oder Monaten aus dem Ausland zurück kehrte, hatte er einen Koffer voller Anekdoten und Erinnerungen dabei, die er jedem mit glitzernden Augen erzählte und die alle in sich aufsogen.
Ich hatte ein wenig das Gefühl, dass meine Familie und meine Freunde noch ein ähnliches Bild vor Augen hatten, als sie an meinen Auslandsaufenthalt dachten. Doch die Vernetzung der Welt ist mittlerweile so weit vorangeschritten, dass ich trotz meines 11stündigen Fluges nur einen Katzensprung von Zuhause entfernt bin, zumindest fühlt es sich so an. Spätestens nachdem ich heute meinen Laptop an das neueingerichtete Internet im Wohnheim angeschlossen habe, habe ich bemerkt, dass Nähe und Ferne relativ sind und eine lokale Distanz im Gegensatz zu gefühlter Entfernung steht. Heutzutage kann man jederzeit kostenlos über das Internet rund um den Globus telefonieren. Ohne Zeitverzögerung und sogar mit Bild. Alles was man braucht ist ein Anschluss an das Internet und schon ist man mit der ganzen Welt verbunden. Beim Telefonieren über das Internet kann ich jederzeit meinen Laptop herumgetragen, mein Zimmer zeigen und sogar das Nachtpanorama Sokas präsentieren. Dies ist zwar praktisch, lässt mich aber auch ein wenig wehmütig daran denken, dass ich nach einem ganzen Jahr im Ausland keine spannenden Geschichten mehr erzählen werden kann, habe ich doch schon alles entweder in diesem Blog oder in den vielen eMails niedergeschrieben. Und die letzten kleinen Geheimnisse gebe ich bei stundenlangen Gesprächen am Abend bekannt. Zu meinem großen Abenteuer Japan werde ich nach einem Jahr wohl nicht mehr viel Neues hinzufügen können, dafür habe ich aber eine Nähe zu Freunden und Familie, die noch enger ist als zu meiner Zeit in Marburg.
Am Abend meines 26. Tages in Japan habe ich dann in einer Konferenzschaltung zeitgleich mit meinem Freund aus Deutschland und einer Freundin aus Spanien gesprochen. Hätte man sich das vor fünf Jahren schon vorstellen können? Während mein Freund mir beim Essen zusieht, schaut meine Mutter über Satellitenbilder auf mein Haus und ich schreibe eMails nach Spanien. Es sind jene Momente in denen ich immer wieder von Neuem ins Staunen gerate und fasziniert bin vom Wunderwerk Technik. Und erneut bemerkt man, dass die Welt zusammenwächst.

1 Kommentar:

michi hat gesagt…

naja, auch wenn man sich schreiben und und miteinander reden kann, ist es nicht das selbe wie gemeinsam rumzusitzen und ueber filme, sich selbst oder sonstwas zu lachen.
ausserdem kennen wir ja bei weitem nicht alle details deiner abenteuer. moeglicherweise machst du ja viele fotos, die du hier nicht alle zeigst und wenn du wieder da bist und sie vorfuehrst, gibts mit sicherheit viele details die du nicht erzaehlt hattest oder selber schon laengst vergessen hast.