Mittwoch, 4. Februar 2009

Für Nobuko nach Ueno

Wenn man mit Katharina und Lee etwas unternehmen möchte, ist das immer so eine Sache. Vielleicht liegt es in der Natur des Mannes, dass ich gerne plane und für mich ein "Ja" eine Zusage und ein "Nein" eine Absage ist. Was nun als ein recht simples Gerüst menschlicher Kommunikation scheinen mag, erweist sich im Umgang mit Katharina und Lee allerdings als wahrhaftige Herausforderung. Denn ich habe hier gelernt, dass feste Pläne zu einer Katastrophe entarten können und Menschen innerhalb weniger Stunden von einer festen Zusage scheinbar ohne Grund auf ein feste Absage umspringen, um dann ebenso willkürlich wieder umzuschwenken.
Als Tak Katharina, Lee und mich vor einigen Tagen zu Nobukos Geburtstag einlud, sagte ich ihm sogleich, dass es immer ein wenig chaotisch mit den beiden Mädchen wäre, weil man bis zuletzt nie wüsste, ob sie denn nun kämen oder nicht, woraufhin Tak mir zustimmte und anmerkte, dass er auch schon gemerkt hätte, dass beide sehr unentschlossen wären. Und so sagte ich ihm gleich, dass ich auf jeden Fall zu Nobukos Geburtstag kommen würde, wohingegen ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen würde, dass Katharina und Lee auch kämen.
Zur nächsten Gelegenheit informierte ich Katharina und Lee über Nobukos Geburtstag am kommenden Samstag und beide waren eher negativ eingestellt. Katharina spielte mit dem Gedanken zu kommen, war sich aber nicht sicher, ob sie den Samstag nicht lieber entspannt in ihrem Zimmer verbringen würde, während Lee ein wenig herumdruckste und nicht wirklich begründen konnte, warum sie nicht kommen wollte. Also notierte ich mir gedanklich ein "Nein" für Lee und ein "Vielleicht" für Katharina. Im Laufe der nächsten Tage änderte sich dann die Einstellung der Beiden und aus Katharinas "Vielleicht" wurde ein "Wahrscheinlich" und aus Lees "Nein" ein "Ja".
An Nobukos Geburtstag, Tag 120 in Japan, bereiteten wir mittags Nobukos Geschenk vor, schrieben eine Glückwunschkarte und vereinbarten eine Uhrzeit zu der wir zum Bahnhof gehen wollten, Nobuko plante nämlich uns am Abend in Ueno, einem Stadtteil Tokyos, zu treffen. Als ich dann aber pünktlich die Treppen nach oben stieg, um die Beiden abzuholen, passierte was nur allzu oft passierte: Lee stand ein wenig unschlüssig im Raum und gestand, dass sie sich umentschieden hätte und doch nicht mitkommen wollte. Und das obwohl wir erst vor ein paar Stunden gemeinsam Nobukos Geschenk vorbereitet hatten. Sehr überrascht war ich nicht, schließlich kannte ich derlei Szenarien schon zur Genüge und so fuhr ich schließlich alleine mit Katharina am späten Nachmittag nach Ueno, um Nobuko zu treffen. Die Fahrt war kein Problem, das Treffen am Bahnhof von Ueno allerdings um so mehr, da der Bahnhof weitaus größer war, als Katharina und ich angenommen hatten. Darum irrten wir rund eine halbe Stunde lang am Bahnhof umher, liefen Treppen auf und ab, hasteten durch endlose Gänge, schauten suchend über größere Plätze und warfen Blicke in alle Läden, ehe wir endlich von Nobuko gefunden wurden. Gemeinsam mit ihren anderen Gästen, von denen ich nur Tak und Cassy, die chinesische Kanadierin, kannte, machten wir uns auf den Weg in das Restaurant, das sich Nobuko für ihren Geburtstag ausgesucht hatte.
Der Abend verlief so, wie ich es von meinen anderen Restaurantbesuchen gewohnt war: Wir bestellten die halbe Karte und jeder nahm sich, was ihm zusagte. Es war sehr lustig und auch Nobuko hatte ihren Spass. Den ganzen Abend lief sie umher, um möglichst viele Fotos als Andenken zu schießen, woran ich mich mit meiner Kamera natürlich lebhaft beteiligte. Hier ein paar Bilder von unserem Abend im Restaurant:


Bild1: Nobuko und ihre Gäste sitzen an der reich gedeckten Tafel.


Bild2: Nobuko und Katharina. Die Beiden verstehen sich prächtig und unterhielten sich den ganzen Abend.


Bild3: Nobuko mit einer Freundin und Cassy, der Chinesin aus Kanada.


Bild4: Nobuko und ich.


Bild5: Nobuko und Tak. Im Hintergrund stehe ich und mache vollkommen unwichtige Symbole mit meinen Händen.


Bild6: Zwei chinesische Freunde von Nobuko, die ich allerdings nicht kannte.


Bild7: Ein Blick auf die Essensauswahl direkt vor meinem Sitzplatz. In der Mitte sieht man Maki-Sushi, links davon die panierten und frittierten Gelenke und Knochen, von denen ich schon mehrmals geschrieben habe, oben links Salat, oben rechts eine gewöhnliche Pizza und zwischen all diesen eben genannten Speisen steht ein Teller mit gefüllten Pilzen. Ganz rechts sieht man Hähnchenfilets.


Bild8: Eine Nahaufnahme von den panierten und frittierten Gelenken und Knochen, die ich bereits so oft erwähnt habe. Ich bin immer noch der Meinung, dass sie ganz unscheinbar wirken, bis man darauf beißt. Katharina machte diese Erfahrung, als sie einige von ihnen kaute und erst sagte, dass es doch ganz gut schmecken würde, bis sie innehielt, das Gesicht verzog und alles auf ihren Teller spuckte.


Bild9: Irgendein kleingeschnittenes, mariniertes Meerestier. Wie mit vielen Dingen in Japan isst man es einfach, ohne genau zu wissen, was es eigentlich ist. Auf meine Nachfrage zuckten Tak und Nobuko auch nur die Schultern.


Bild10: Die Reste des Fisches, den wir bereits jedes Mal bestellt haben, wenn wir abends ausgegangen waren. Der japanische Name des Fisches lautet hokke, was laut meinem Wörterbuch "Atkamakrele" bedeutet. Die Gräten kann man übrigens mitessen, aber für meinen Geschmack waren sie, nun ja, zu grätig.


Bild11: Ein Blick in die Runde von meinem Platz aus. Das rot-grüne Etwas in der Tischmitte ist Sashimi, rohes Fischfleisch. Ich erlebe immer wieder, dass viele Leute denken, Sushi wäre rohes Fischfleisch, was ich in diesem Beitrag einmal korrekt stellen möchte: Sushi sind in Seetang eingewickelte Reisrollen, die mit allen möglichen Zutaten gefüllt werden können, wie beispielsweise Ei, Gurke, Käse, verschiedene Fischsorten, Salat oder gebratenem Fleisch. Sashimi dagegen bezeichnet lediglich rohe, dünne Fischscheiben, die sich in etwa mir Carpaccio vergleichen lassen. Insgesamt hat mir Sashimi recht gut geschmeckt, wenn ich auch zugeben muss, dass mir einige Fischsorten mehr, andere weniger zugesagt haben.


Nach einiger Zeit mussten wir gehen, da die Tische, an denen wir saßen, für die nächsten Gäste bereit gemacht wurden. Da Nobuko aber unbedingt noch einen Nachtisch essen wollte, entschlossen wir uns gemeinsam noch ein anderes Restaurant aufzusuchen. Während sich die anderen bereits fertig machten, wartete ich noch darauf auf die Toilette zu gehen und stand für einige Zeit auf dem engen Gang den Kellnern im Weg. Unerwartet kam ein etwas älterer Herr auf mich zu und fragte mich auf Japanisch, ob ich aus Deutschland käme. Ein wenig schüchtern bejahte ich seine Frage, woraufhin er langsam und deutlich berichtete, dass er selbst einige Jahre lang in Deutschland gearbeitet hatte. und so unterhielt ich mich für rund zwei Minuten mit dem unbekannten Mann auf japanisch, der ganz interessiert an meinem Auslandsaufenthalt war. Als die Toilette dann schließlich frei wurde, bedankte ich mich für das Gespräch und sah im Hintergrund Tak stehen, der dem Gespräch (und vor allem meinem Japanisch) gelauscht hatte und mir einen Daumen nach oben zeigte.
Nachdem wir uns vor dem Restaurant versammelt hatten, verabschiedeten wir Cassy und Nobukos Freundin, ehe Katharina, Tak, Nobuko, ihre beiden chinesischen Freunde und ich einige Minuten durch das spätabendliche Ueno liefen, bis wir ein amerikanisches Restaurant fanden, in dem wir die kommende Stunde verbrachten. Und so trank jeder einen Milchshake und aß ein Eis, Kuchen oder Brownies, während wir uns angeregt unterhielten und viel herumalberten. Gegen halb Zehn löste sich unsere Gruppe dann langsam auf und Nobuko und Tak brachten Katharina und mich noch zur richtigen Bahnlinie am Bahnhof von Ueno, ehe sie beide im Getümmel der Leute verschwanden. Und so fuhren Katharina und ich satt und zufrieden zurück nach Soka und unterhielten uns unterwegs über den schönen Abend, die vorlesungsfreie Zeit und eine ganze Menge anderer Themen.


Bild12: Ein unzertrennliches Gespann: Nobuko, Tak, Katharina und ich.


Bild13: Das glückliche Geburtstagskind Nobuko.


Bild14: Die beiden chinesischen Freunde von Nobuko.


Bild15: Katharina und Tak alberten an diesem Abend gemeinsam mit mir herum.



Film1: Kurz bevor sich unsere Runde auflöste, nahm ich noch ein kurzes Video von uns allen im Restaurant auf.


Bild16: Eine Erinnerung an einen wunderschönen Geburtstag.

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