Montag, 22. September 2008

Von Hunden und Perversionen

Es ist Tag 3 in Japan und jeder hier hat mit dem gleichen Problem zu kämpfen: Jetlag. Und so wache ich auch erst um 12 Uhr auf. Auch Yosuke schläft noch und wie ich später erfahre, schlafen die meisten anderen Austauschstudenten auch immer noch bis 14 Uhr. Um nun aber nicht den ganzen Tag dösig in der Wohnung zu versauern, ziehe ich mich an und widme den Tag wieder einmal der Erkundung von Soka. Nachdem ich das Wohnhaus verlassen habe, biege ich einfach nach links und lasse mich überraschen. Sehr ergiebig ist mein Ausflug allerdings nicht. Von Interesse sind lediglich ein Buchladen und ein Einkaufsmarkt für Süßigkeiten.
Bild1: Der Weg, den ich entlanggegangen bin. Die Schriftzeichen im Vordergrund bedeuten "Blume", da dort ein Blumenladen ist.
Bild2: Der Buchladen in dem ich war. Unschwer als solcher zu erkennen. Die Zeichen lesen sich "Takeshima", das ist der Name des Geschäfts.

Die Buchläden hier in Japan unterscheiden sich von unseren deutschen Buchgeschäften in zweierlei Hinsicht: Sie führen eine riesige Auswahl an Manga (japanische Comicbücher) und sie führen eine riesige Auswahl an Zeitschriften. Vor allem jedoch die zahlreichen Manga fallen ins Auge, da sie je nach Laden zwischen einem Zehntel und einem Viertel der Geschäftsfläche einnehmen. Und unter ihnen kann man dann wirklich (fast) alles finden: Regalweise Manga für Mädchen in grellem Pink reihen sich an Regale von Abenteuergeschichten, Manga zu Zeichentrickserien, Videospielen und Filmen, Horror- und Gewaltmanga und schließlich Hentai. Hentai heißt nichts anderes als „Perversion“ und bezeichnet die im Ausland sehr bekannt gewordenen Sex- und Erotikmanga. Habe ich anfangs noch beschämt die Regalreihe gewechselt, wenn ich aus Versehen vor diesen Manga stand, bei denen die Protagonistinnen versuchten ihre Brüste durch das Titelbild zu drücken, so ist mir doch recht schnell aufgefallen, dass es keinesfalls verwerflich oder anrüchig ist sich auch diese Manga in Ruhe zu betrachten. Und so habe ich sowohl einen dicken Japaner gesehen, der einen Hentai mit seinen Wurstfingern durchblättert und gierig die pornographischen Zeichnungen aufsaugt, als auch einen gewöhnlichen Jugendlichen, der zu seinen Lernsachen noch einen Hentai kauft oder einen Geschäftsmann, der kritisch vor dem Regal steht und sich noch nicht entschieden hat, ob es die großbrüstige Sekretärin im mittleren Alter oder doch lieber die innig küssenden Schulmädchen bevorzugt. Jetzt ist man verleitet zu denken, dass es in Japan einen übermäßig lockeren Umgang mit Sexualität und Körperlichkeit in der Öffentlichkeit gibt. Im Gegensatz zu den Hentai habe ich allerdings festgestellt, dass in der Werbung Sexualität überhaupt nicht thematisiert wird. So gibt es hier weder Werbeplakate von Männern, die mit nacktem Oberkörper für Mineralwasser werben, noch junge Frauen im knappen Bikini, die zeigen sollen, wie glücklich man im Ausland ist, wenn man besagte Reisegesellschaft wählt. Nackte Haut habe ich hier in der Werbung wirklich noch nirgends gesehen. Ob man die Japaner nun als pervers, verklemmt, gegensätzlich oder schlichtweg anders empfindet, bleibt jedem wohl selbst überlassen.
Der Süßigkeitenladen, den ich beim Umherlaufen entdeckt habe, ist eine wahre Goldgrube (für die Hüfte). Man findet hier alles von knatschigen Gummitierchen, über Gebäckstücke, bis zu verschiedensten Chips und Kräckern. Soweit ich es erkennen konnte, war ein Regal sogar süßen Fleisch- und Fischknabbereien gewidmet. Aber ein wenig obskur fand ich es schon kleine Fischchen zu trocknen und einzuzuckern. Ich bin auf Nummer Sicher gegangen und habe mir eine Packung voller kleiner Kuchen mit Schokoüberzug und eine Packung traditioneller Reiskräcker gekauft. Beides schmeckt sehr gut und ist perfekt für den Hunger zwischendurch.
Bild3: Der Süßigkeitenladen ganz in meiner Nähe.

Auf dem Rückweg begegnen mir dann drei Leute, die stolz ihre Hunde ausführen. Dachte ich bisher noch, dass es in Japan kaum Haustiere gebe, wurde ich bereits in den ersten Tagen eines Besseren belehrt: Das Geschäft mit den Haustieren boomt. In den Supermärkten sieht man meist eine ganze Regalreihe voller Hunde- und Katzenfutter. Beim Laufen durch Soka stolpert man förmlich über die vielen Hunde, die hier gehalten und ausgeführt werden und auch in den Buchhandlungen sind die Ratgeber für den Tierbesitzer nicht zu übersehen. Mit Hunderassen kenne ich mich leider kaum aus, daher kann ich nur sagen, dass ich hier nur kleinere Hunde (etwas größer als Katzen) gehalten werden. Auch wenn es unbegründet ist, wirkt es auf mich ein wenig so, als wären die Hunde meist eine Art modisches Accessoire, dass sich nur die Besserverdienenden leisten können. Einen streunenden Köter oder einen alten Hund, der neben seinem Herrchen hertrottet, habe ich bisher nämlich noch nicht gesehen. Aber wenn das auch nicht stimmen muss, so sind doch zumindest die drei Hundebesitzer eilig mit ihren Hunden durch die Straßen stolziert, um jeden zu zeigen welch wohl erzogenen Hund sie doch haben. Darum habe ich auch diskret weggesehen, als der Hund der einen Dame an einen Strommast pinkelte, sie ihn eilig wegzog, sich ertappt umblickte und dann schnell wieder zu den anderen Beiden aufholte, die erhobenen Hauptes mit ihren Hunden weiterstolziert waren.
Am Abend bin ich dann noch zu der Wohnung meines Nachbarn gegangen und habe nach Mike gefragt. Eine Freundin hatte netterweise einige ihrer ausrangierten Gebrauchsgegenstände bei ihm abgegeben, die ich dankend in Empfang nahm. So bin ich nun im Besitz eines Reis- und eines Wasserkochers. Zum Abendessen gab es dann auch ganz traditionell japanischen Reis.

5 Kommentare:

H. hat gesagt…

Der Süßigkeitenladen sieht auf dem Foto ja ganz schön riesig aus. Da kann unser Bärenladen bei weitem nicht mithalten...
Interessant, was du zu den Hunden schreibst. Die werden dann wohl als reine Dekohunde gehalten ;-)

Anonym hat gesagt…

ich bin super neidisch auf den Reiskocher und den japanischen Reis. Für mich ist es der beste Reis, den es gibt.Aber nun gut bald werde ich auch in den Genuss kommen. Ich werde im Juni höchst wahrscheinlich 2 Wochen in Hirakata verbringen und danach versuche ich auch nach Tokyo zu kommen um dort ein Praktikum zu machen.

Nathalie
Wegen dem Süßigkeitenladen: meine Lieblingschips waren die mit "Grüne Bohnen"Geschmack, aber auch die Pfeffer sachen sind zu embfehlen.

Anonym hat gesagt…

An H.: Nee, da kann der Bärenladen echt nicht mithalten. Dafür gibt es im Bärenladen eindeutih mehr zähes Gummizeug.
An Nathalie: Vielleicht sehen wir uns ja, wenn du nach Tokyo kommst. Und ich werde nach nach den Chips mit "Grüne Bohnen"-Geschmack Ausschau halten.

Anonym hat gesagt…

Hab ein Kanji erkannt, juhu.
Hana heist das, alles andere konnte ich leider nicht lesen.
Ich bin auch erstaunt über die überdimensionierten Schnöckläden, da muss man ja richtig aufpassen, nicht dass man zur Tonne mutiert.

Anonym hat gesagt…

Ich habe echt überlegt, ob ich schreiben soll, dass auf dem Schild "Blume" steht. Aber dann dachte ich mir: "Bestimmt erkennt das auch jemand, ohne dass ich es schreibe." Und es hat ja geklappt. Ich bin stolz auf dich, Dominic ;)