Samstag, 27. September 2008

Hippe Hip-Hopper

Am Dienstag war in Japan Feiertag. Ich habe nicht herausbekommen was für ein Feiertag es war, aber die Geschäfte und auch die Universitätsbibliothek hatten geschlossen. Da dies der letzte Tag vor dem Beginn der regulären Vorlesungszeit war, hatte ich mir vorgenommen ihn in vollen Zügen zu genießen. So saß ich vormittags fast drei Stunden lang auf dem Campus in der Sonne und beobachtete meine japanischen Kommilitonen. Aber nicht irgendwelche japanischen Studenten, sondern die Hip-Hopper. An japanischen Universitäten gibt es nämlich eine Vielzahl von Clubs und Zirkeln, in die jeder Student nach Belieben eintreten kann. Einer dieser Clubs ist der Hip-Hop-Club, bei dem die Studenten gemeinsam eine Tanzperformance erarbeiten. Und da in etwa 6 Wochen das Schulfest ist, sind alle Mitglieder des Hip-Hop-Clubs täglich am Trainieren. Man sieht sie dann immer auf dem Campus vor den spiegelnden Scheiben der Turnhalle stehen, wo sie sich selbst kritisch in den Scheiben beäugeln. Zwar habe ich kein spezielles Interesse an Hip-Hop, dafür aber an Tanz. Und in der Sonne zu sitzen und den Studenten beim Tanzen zuzusehen, war wie ein Freiticket zu einer Tanzveranstaltung. Es trainierten allerdings nicht nur die Tänzer: Überall auf dem Campus liefen sportbegeisterte Japaner auf und ab. Mal sah man eine Gruppe von Kendokämpfern, dann ein junges Pärchen, dass lachend Tischtennis spielte, dann kam ein matschbesudelter Football-Spieler mit Schulterpolstern über den Platz geschlurft, während man auf dem Sportplatz im Hintergrund die Speerwerfer sah. Einige saßen auch einfach wie ich in der Sonne und genossen den freien Tag. Ich hatte den Eindruck, dass an japanischen Universitäten der Sport eine viel größere Rolle spielt als bei uns. Eine offene Sporthalle mit den verschiedensten Sportangeboten steht jedem offen, der Interesse hat. Und auch fast jeder nimmt dies in irgendeiner Weise wahr. Vielleicht ist es deswegen auch nicht verwunderlich, dass mir in Japan noch kein einziger dicklicher japanischer Student aufgefallen ist. Im Gegensatz: Die japanische Jugend, die ich kennen lerne, scheint großen Wert auf Sportlichkeit und ein gepflegtes Äußeres zu legen. Wer mit Jugendlichen in Japan Schuluniformen und Einheitlichkeit in Verbindung bringt, liegt vollkommen falsch: Selten habe ich solch eine Vielfalt an Kleidungsstilen und Menschentypen auf einem Platz gesehen, wie an der Dokkyo. Da findet man Businessmänner und –frauen, neben Sportlern in Sweatshirts, Extrovertierte Hip-Hopper, neben Surfern, Punkgirls an der Seite von jungen Mädchen mit Highheels und Minirock. Gemein haben alle, dass sie großen Wert auf ihr gepflegtes Äußeres werfen. Ich witzele immer, dass man meinen könnte, es fände eine Modenschau statt, oder all die Studenten kämen gerade von einer. Denn den Japaner im abgetragen T-Shirt, mit zu kurzer Hose und Hornbrille, gibt es scheinbar nicht. Zumindest nicht am Campus. Vielleicht schaffe ich es irgendwann einmal eine Reihe von Bildern zu machen, um meine Impressionen festzuhalten. Denn mehr ist es ja nicht, als ein Blick durch meine Augen.

Bild1: Sportliche Japaner beim Fußballspiel auf dem Sportplatz der Universität

Bild2: Auswechselspieler, Trainer und Schiedsrichter am Rande des Fußballspiels



Bild3: Schick angezogene Studenten, die von einer Tanzveranstaltung kommen und auf dem Campus sitzen. Man beachte die beeindruckende Frisur des Mädchens im Vordergrund.


Am Abend habe ich mir wie schon so oft mein reduziertes Sushi im Supermarkt gekauft. Spät abends habe ich dann noch mit Yosuke den Text für die erste Lektion vorbereitet, da wir nicht wussten, was uns erwartet. Mit einem flauen Gefühl im Magen bin ich dann ins Bett gegangen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

gibts neben den ganzen Sportgruppen auch Musikgruppen/Orchester, oder ist das eher was, was europäische Universitäten auszeichent?

Anonym hat gesagt…

Du hast hier echt für alles Clubs und Zirkel. Eine Japanerin, die ich getroffen habe, ist in einer Acapella-Gesangsgruppe. Und auch auf dem Campus hört man manchmal virtuoses Klavierspielen (wirklich sehr gut) und auch Blechbläser. Ich glaube es gibt auch ein richtiges Orchester, aber da bin ich mir jetzt nicht so sicher.
Aber wie gesagt: Hier wird echt ALLES angeboten. Und wenn du deinen passenden Club nicht findest, kannst du einfach einen eigenen aufmachen.