Freitag, 26. September 2008

Naturgewalten

Am Sonntag, meinem neunten Tag in Japan, gab es das erste kleinere Erdbeben. Zumindest wurde mir das erzählt, denn ich habe es verschlafen. Ansonsten war der Tag eigentlich nur durch den kontinuierlichen Nieselregen gekennzeichnet. Wenigstens habe ich so die Sicherheit, dass es auch in Japan schlechtes Wetter gibt und nicht immer nur die sengende Sonne am Himmel steht.
Den Morgen habe ich damit zugebracht von meinem Bett aus zu Fernsehen. Oder zumindest den Fernseher einzuschalten und dann verständnislos auf das flimmernde Bild zu schauen, während ich einzelne Brocken aus dem Redefluss erkennen konnte. Wer sich nun denkt, was für Luxus es sei im Wohnheim einen eigenen Fernseher zu haben, der sollte sich genauer das Foto meines Fernsehers ansehen. Denn mein Fernseher mag gut und gerne in der Nachkriegszeit gebaut worden sein. An einer alten Drehscheibe kann man zwischen 12 Programmen wählen, von denen 9 gar nicht funktionieren, 2 nur als Schwarz-weiß Programm ohne Ton und lediglich ein einziges Programm in Farbe und mit Ton zu empfangen ist. Nichtsdestotrotz habe ich mit Begeisterung das Geschehen auf dem Bildschirm verfolgt. Offensichtlich hatte ich das Kinderprogramm erwischt, denn morgens lief eine Art Disney- oder Tigerentenclub (aber mit Pokemon als Maskottchen), danach dann diverse Zeichentrickserien und zu meiner Überraschung ab 9:30 Uhr sogar One Piece, meine Lieblingsserie. Der Pokemonclub (zumindest nenne ich das Format so) hatte drei ziemlich durchgedrehte Moderatoren, die ein wenig aufgedreht und schrill durch die Sendung führten. Dafür brachten sie lustige Beiträge, in denen sie beispielsweise getestet haben, ob man auf dem Kopf hängend Ramen (japanische Nudeln) essen, Wasser trinken oder Kendama (ein japanisches Spielzeug) spielen kann. Das mag sich banal anhören, aber ich musste dennoch manchmal auflachen. Die Zeichentrickserien habe ich kaum verstanden, da dort meist in Kinder- oder Umgangssprache gesprochen wurde, was für mich beides noch ein Buch mit sieben Siegeln ist.

Bild1: Der Fernseher in meinem Zimmer. Sieht auf einem Bild viel moderner aus, als in Wirklichkeit.

Im Verlauf des Mittags habe ich dann zunächst meinen ersten Manga fertig übersetzt und stolz in meinen Schreibtisch gestellt. Man könnte somit sagen, dass ich bereits ein ganzes Buch auf japanisch gelesen habe. Danach habe ich die erste Lektion in meinem neuen Lernbuch durchgearbeitet und alle Vokabeln markiert, die ich noch nicht kannte und lernen wollte. Das waren insgesamt gerade einmal 15 Wörter, was mir ziemlich wenig erschien und mir wieder das Gefühl gab, dass ich unterfordert sein könnte. Da meine Schwäche aber schon immer das Hörverstehen und das freie Formulieren waren, will ich lieber den tatsächlichen Unterricht abwarten, bevor ich ein endgültiges Urteil fälle.
Im Verlaufe des Tages wurde der Regen dann immer stärker. War es am Vormittag noch ein leichter Nieselregen, fielen am Mittag bereits dicke Tropfen, bis es am Abend schließlich wie aus Eimern goss und ich mich ernsthaft zu fragen begann, wo all das Wasser denn herkam. Abends gegen 18 Uhr fing es dann auch noch an zu Gewittern. Erst hörte man nur ein leises Grollen, bald danach sah man es auch blitzen. Ich schenkte dem Wetter kaum Beachtung, saß bei offener Balkontür mit dem Laptop auf meinem Bett und genoss den frischen Luftzug. Zumindest bis es laut krachte und plötzlich das Licht ausging und ich im Dunklen saß. Bevor ich realisieren konnte was passiert war, ging das Licht wieder an. Dennoch hatte sich die Stimmung geändert: Die Dunkelheit wirkte drückender, der Regen stärker. Wie ein lauschendes Kaninchen saß ich in meinem Zimmer und blickte nach draußen in das Unwetter. Auf den Straßen war kein Mensch und in den meisten Haushalten war das Licht ausgeschaltet, es war ja schließlich erst kurz nach 18 Uhr. Da ich mich fragte, ob nur in unserem Wohnheim das Licht ausgegangen war, blickte ich in die Häuser in der Nachbarschaft, um zu sehen, ob beim nächsten Blitzschlag auch dort das Licht für kurze Zeit ausging. Und während ich auf einige Häuser blickte, die rund 200-300m entfernt waren, sah ich wie in eines dieser Häuser ein Blitz einschlug. Aus Reflex heraus riss ich die Hände vor die Ohren, doch der Blitzschlag war dennoch mehr als nur laut. Ich denke, dass ich ohne zu lügen sagen kann, dass dies der lauteste Blitzschlag war, den ich jemals gehört habe. Zwar benutzen wir in Deutschland gerne Superlative, um unseren Standpunkt zu verdeutlichen, doch diesmal meine ich es ernsthaft: Ich habe noch nie solch einen Schlag gehört. Dementsprechend saß ich in meinem Zimmer wie gelähmt. Erst als mir bewusst wurde, dass jederzeit noch solch ein Schlag die Ruhe zerreißen könnte, sprang ich auf, schloss die Balkontür, machte das Licht aus und zog den Stecker meines Laptops aus der Steckdose. Aber glücklicherweise verlief der Rest des Abends dann ganz normal. Der Regen nieselte zwar noch weiter bis ich einschlief, aber immerhin zog das Gewitter weiter.

4 Kommentare:

michi hat gesagt…

Ojeoje, naja irgendwann muss es ja auch mal wieder runterkommen, wenn die ganze Zeit nur die Sonne scheint. Weisst du ob es dort Ende September immer so heiss ist oder ob du nur ein tolles Jahr erwischt hast?

Koenntest du nicht eigentlich fragen, ob du vlt. einen Kurs hoeher darfst? Oder meinst du der waer zu schlimm oder es waere unhoeflich zu fragen?

Anonym hat gesagt…

Ich glaube ich bin zu einer der wärmsten Zeiten im Jahr gekommen. Allmählich wird es aber auch kühler.
Mit dem Kurs will ich erst noch einmal abwarten. Wie gesagt: Hörverstehen und freies SPrechen sind ja schon immer meine Hauptprobleme.

Anonym hat gesagt…

der fernseh ist der letzte Schrei. Wie groß ist denn ungefähr die Bildfläche?

Anonym hat gesagt…

Naja, ungefähr so...DIN A5? Ja das kommt hin...