Nudeln zum Frühstück? Das war für Dominic doch ziemlich ungewohnt und so probierte er mit misstrauischem Blick die Yakisoba, die ich ihm zubereitet hatte. "Und soetwas isst man in Japan zum Frühstück?", fragte er und versuchte mit den Stäbchen ein paar japanische Nudeln aus der Essschale zu fischen. "Häufiger isst man morgens Reis, in welcher Form auch immer.", antwortete ich, woraufhin Dominic das Gesicht verzog. "Gibt's denn kein Brot, oder so?". "Das Brot, wie du es aus Deutschland kennst, gibt es hier nicht. Zumindest nicht zu erschwinglichen Preisen. Aber immerhin Toastbrot.". Und mit diesen Worten legte ich die kleine, überteuerte Tüte mit sechs Scheiben Toastbrot auf den Tisch und kramte aus dem Kühlschrank eine kleine Schale mit Marmelade sowie die Butter, die ich einige Tage zuvor von Florian geschenkt bekommen hatte, hervor. Irgendwie hatte ich bereits erwartet, dass sich nicht jeder von jetzt auf gleich auf die japanische Lebensweise einstellen konnte, weshalb es heute ein japanisch-westliches Frühstück mit Yakisoba und Toastbrot gab.
Bevor Dominic angekommen war, hatte ich mir schon viele Gedanken darüber gemacht, wie man die ersten Tage verbringen könnte. Nur in der Wohnung herumsitzen, bis er im Tagesrhythmus angekommen sein würde, empfand ich als Zeitverschwendung. Aber gleich in den Trubel Tokyos zu fahren, erschien mir auch unangebracht. Und so lies ich den Tag langsam angehen und ging mit Dominic nach dem Frühstück ganz entspannt in Soka spazieren, damit er sich ein Bild von der Stadt machen konnte, in der ich nun schon seit zwei Monaten wohnte. Und welcher Ort in Soka bot sich wohl besser für einen ruhigen Spaziergang an, als die Promenade am Fluss, an der ich vor rund vier Monaten schon mit Katharina und Lee unterwegs gewesen war ("Japan in Bildern (2)")?
Bild1: Ein Blick auf die Promenade entlang des Flusses. Hier bin ich in den vergangenen Monaten bereits mehrere Male spazieren gegangen. Glücklicherweise war nach dem verregneten, gestrigen Tag der Himmel frei von Wolken.
Bild2: Eine hübsche Statue einer Schildkröte, die mir bei meinen vorherigen Spaziergängen nie aufgefallen war.
Bild3: Es war nicht wirklich warm, aber doch angenehm. Und so konnte man durchaus für einige Zeit seine Jacke ausziehen und sich wie im Frühling fühlen. Wärmer als in Deutschland war es allemal, versicherte mir Dominic.
Bild4: Nahe einigen Bänken saß ein Schwarm Tauben auf dem Boden. Nicht unweit davon versteckten sich drei kleine Jungen, die irgendwann gemeinsam hervorsprangen und schreiend umher rannten, um die Tauben aufzuscheuchen.
Bild5: Dominic und ich. Fotografiert von einem netten Japaner, der sich mit gebrochenem Englisch mit uns unterhielt. Ich kann mich nicht daran erinnern während meiner bisherigen Zeit hier schon einmal von einem Japaner einfach so auf Englisch angesprochen worden zu sein.
Am frühen Nachmittag kamen wir wieder im Wohnheim an und aßen Okonomiyaki zu Mittag ("Von Amanatsu bis Tempura"). In die Innenstadt wollten wir noch nicht fahren, das planten wir am nächsten Tag, und so verbrachten wir den Nachmittag und Abend in der Wohnung, schauten Videos, räumten auf und spielten Spiele. Am späten Abend kauften wir dann gemeinsam im Supermarkt um die Ecke unser Abendessen ein, wodurch ich Dominic einerseits einen japanischen Supermarkt, andererseits eine Auswahl der japanischen Küche im Kühlregal zeigen konnte. Bei alledem ließ ich ihm viel Zeit zum Anschauen und Fragen, schließlich erinnerte ich mich nur zu gut daran, wie ich an meinen ersten Tagen in Japan Stunden in einem simplen Supermarkt hätte verbringen können. Und so ging dieser Tag zu Ende, ohne das etwas Außergewöhnliches passiert wäre. Aber manchmal kann es auch einfach schön sein jene Dinge und Plätze, an die man sich bereits gewöhnt hat, von neuem zu entdecken.
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